© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/07 15. Juni 2007

Kolumne
Allmachtsphantasien
Bruno Bandulet

Der G8-Zirkus ist vorüber, beide Seiten haben einen Gegenwert für den auf 100 Millionen Euro veranschlagten Aufwand bekommen: die Regierungschefs, weil sie wieder einmal demonstrieren konnten, wie unentbehrlich sie für das Heil der Menschheit sind; und die Globalisierungsgegner, weil sie eine perfekte Bühne für ihre Selbstdarstellung bekamen. Gesinnungsethik und internationalistische Denkschemata allenthalben - und in Sachen Klimaschutz der unbedingte Glaube an die neue Ersatzreligion.

Daß die Forderung von Angela Merkel, bis 2050 einen Anstieg der Temperaturen um mehr als zwei Grad zu verhindern, offensichtlicher Humbug ist, fällt kaum noch jemandem auf. Das Weltklima läßt sich weder prognostizieren noch steuern. CO2 macht nur einen sehr kleinen Teil der sogenannten Treib­hausgase aus, und diese wiederum sind nur ein Faktor von vielen, die das Klima beeinflussen. Nur spielen in diesem Zusammenhang Fakten keine Rolle. Bild hat erkannt, daß die Erde fiebert und gerettet werden muß - am besten von der Bundeskanzlerin.

Diese ließ sich zusammen mit Tony Blair mit einem Transparent ablichten, auf dem verlangt wurde, die Armut auf der Welt zu beenden, und zwar "jetzt". Schon wieder eine diese Allmachtsphantasien. Traurige Wahrheit ist, daß staatliche Entwicklungshilfe in weiten Teilen Afrikas seit Jahrzehnten wirkungslos verpufft, daß der Kontinent nicht nur unter unfairen Handelspraktiken, sondern vor allem unter korrupten Eliten leidet und daß die Geißel Aids auch eine (vermeidbare) Folge des Zusammenbruchs privater Moral ist. Wer die Tragödie Afrikas ernst nimmt, muß sauber analysieren. Wo blieben die Proteste gegen Robert Mugabe? Er hat Zimbabwe ruiniert, nicht der böse Westen.

Und in Deutschland? Auch hier werden konkrete, existentielle Probleme systematisch verdrängt. Die beginnende Abwanderung der Eliten. Daß Deutschland mit dem Ausstieg aus der Atomenergie auf eine Energiekrise zusteuert, der weder mit Windrädern noch mit Solarzellen beizukommen sein wird. Daß laut Statistischem Bundesamt die Bevölkerung der neuen Bundesländer bis 2050 um 31 Prozent einbrechen wird - eine Katastrophe in der Größenordnung derjenigen des Dreißigjährigen Krieges.

Schön wäre es, wenn die Politiker das eigene Haus in Ordnung bringen würden, bevor sie daran gehen, die Welt zu retten. Aber das verlangt ein bißchen mehr Verantwortungsethik und etwas weniger Gesinnungsethik, in der alle schwelgen.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M.


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