© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/07 15. Juni 2007

UMWELT
"Schlimmer als Tschernobyl"
Volker Kempf

Die Tschernobyl-Katastrophe im April 1986, spricht sie nun gegen den Einsatz der Atomkraftnutzung überhaupt oder lediglich gegen den Sowjet-Kommunismus, in dessen Herrschaftszeit das Kraftwerk betrieben wurde? Die Frage wird bis auf weiteres nicht leicht zu entscheiden sein, letzteres indes ist offensichtlich. Die Sowjetunion hat der Welt aber noch ein weiteres atomares Pulverfaß hinterlassen: Ein provisorisches Lager für Atommüll auf der Kola-Halbinsel, die an Finnland und Norwegen grenzt. Hier gibt es abgewrackte Atom-U-Boote und ein mit abgebrannten Kernbrennstäben vollgestopftes Schiff. Auch das AKW bei Murmansk ist dort außer Dienst gestellt. Die Atommüllhalde galt Anfang der achtziger Jahre als Zwischenlösung - für einen Zeitraum von fünf Jahren. Daraus sind mittlerweile mehr als 20 Jahre geworden.

Und die Uhr tickt weiter. Metallrohre sind bereits undicht, Wasser drang in die Behältnisse ein. Kleine Uranpartikel können in die Metallröhren fallen. Ab einer bestimmten Menge bestehe "Explosionsgefahr", wie die Osloer Tageszeitung Aftenposten einen russischen Experten zitiert. Die Ausmaße der Katastrophe könnten diejenigen von Tschernobyl noch übertreffen. Das reiche Norwegen will es bei seinem bisherigen finanziellen Engagement in Höhe von 12,5 Millionen Euro bewenden lassen. Rußland sei inzwischen wohlhabend genug, um die Probleme selbst anzupacken. Doch wird Rußland die für notwendig erachteten eine Milliarde Euro dafür aufbringen? Schön und gut, über den Klimawandel zu diskutieren, doch sollte man Rußlands atomare Problemzonen nicht aus den Augen verlieren. Denn atomare Verseuchungen nehmen keine Rücksicht auf nationale Grenzen.


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