© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/07 15. Juni 2007

Zeitschriftenkritik: Agora
Feldforschung im Möbelhaus
Jochen Schmitt

"Agora" nannte man in der Antike den Platz, an dem die Volksversammlungen abgehalten wurden und Redner auftraten. Daran anknüpfend nennt sich das heute jedes Semester herauskommende "Magazin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt" ebenfalls Agora. Das in grellem orange aufgemachte Heft erscheint inzwischen im 23. Jahrgang und ist teilweise als Nachrichtenmagazin der Uni konzipiert. Es enthält die üblichen Meldungen zu Festveranstaltungen, Berufungen neuer Dozenten, Auszeichnungen der Uni und ihrer Professoren. Darüber hinaus werden aber auch immer mehrere Beiträge von Dozenten oder Studenten abgedruckt, die sich mit fachbezogenen Themen befassen. Diese Artikel sind leicht verständlich und geben dem Heft den Charme einer gut gemachten Schülerzeitung. Agora wird in dieser Hinsicht wirklich als "Agora" verstanden, was einen sehr sympathischen Eindruck beim Leser hinterläßt.

In der Ausgabe des Sommersemesters wird unter der Rubrik "Nachrichten" der Festredner des letzten Dies Academicus gewürdigt. Der Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio hielt die festliche Ansprache über "Bildung als zentrale Vorraussetzung für Freiheit" und beeindruckte mit seinen klaren Aussagen zur Freiheitsidee.

In einem sehr interessanten Beitrag berichtet eine Lehramtsstudentin, die ein Schulpraktikum in Ghana machte, über die Schulbildung in diesem afrikanischen Land. Dort sei zwar die Alphabetisierungsrate gemessen an Drittweltländern sehr hoch, aber weiterführende Schulen fehlten in großem Ausmaß. Gemeinsam mit einem Kommilitonen hat sie nach ihrer Rückkehr einen Verein gegründet, um diese Schule weiter zu unterstützen und den Bau einer zweiten mitzufinanzieren.

Ein Professor für Kulturgeographie und seine Mitarbeiter haben sich mit dem Phänomen "Erlebniskonsum im Möbelhaus" am Beispiel von Ikea befaßt und legen in einem längeren Bericht die Ergebnisse ihrer Studie dar. Für diese Untersuchung wurden umfangsreiche Kundenbefragungen durchgeführt und ausgewertet. Daneben wurden Einkäufer teilweise verdeckt beobachtet und Bewegungsprofile erstellt, um "Shopping als Kulturtechnik" zu erforschen. Im Rahmen dieser Studie wurden manche Klischeevorstellungen bestätigt: Frauen lieben Ikea-Möbelhäuser sehr - Männer wollen so schnell wie möglich raus. Das Verhältnis von weiblichen und männlichen Kunden sei daher fast zwei zu eins. Männer würden "ikea-affiner je älter und verheirateter" sie seien. Interessant ist auch die zusammenfassende Feststellung zum "Lieblingsort bei Ikea": Frauen zeigen sich als "Accessoires- und Dekorationsfreudige mit einem Sinn fürs Homing. Männer als gern essende Preisfüchse und Bastler". Darüber hinaus erfährt der überraschte Leser, daß es bereits ein Club begeisterter Ikea-Fans gibt (www.ikeaner.de).

Daß die Theologie in Eichstätt eine große Bedeutung hat, wird nur an den Werbeanzeigen deutlich, da hauptsächlich theologische und religionspädagogische Bücher angepriesen werden.

Anschrift: Katholische Universität, Presse- und Öffentlichkeitsreferat, 85071 Eichstätt, www.ku-eichstaett.de


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