© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/07 22. Juni 2007

Lieber Made in Germany
Bio-Siegel: EU-Agrarminister fanden fragwürdigen Kompromiß
Volker Kempf

Als der Bund für Umwelt und Naturschutz - damals noch unter Herbert Gruhl - eine Tagung zum Thema "Landwirtschaft in der ökologischen Krise" veranstaltete, schätzte der Referent Rudolf Schreiber, daß der Marktanteil des Öko-Landbaus unter einem Prozent liege, und folgerte: "Der ökologische Landbau hat 99 Prozent des Marktes zu erobern. Wer hat heute noch solche Wachstumschancen?" In den seither vergangenen 30 Jahren nahm der Marktanteil von Bio-Produkten zwar deutlich zu, liegt aber absolut auch nur bei etwa zwei Prozent.

Den höchste Marktanteil haben dabei Eier mit etwa 4,5 Prozent (2005). Der geringste Marktanteil findet sich beim Bio-Geflügel mit nur 0,3 Prozent. Ebenfalls nahm der Anteil des Öko-Landbaus an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche sprunghaft zu, so daß auch hier die weitverbreitete Rede vom "Bio-Boom" ihre Berechtigung hat. Aber absolut liegt der Wert trotzdem nur bei etwa fünf Prozent.

In den letzten 30 Jahren änderte sich auch die Kennzeichnung von Ökoprodukten. Das "Bio-Siegel" etwa steht für nicht ganz so "harte" Kriterien wie etwa das von Demeter. Das künftige EU-Bio-Siegel wird zudem Produkte kennzeichnen, die Spuren von gentechnischen Lebensmitteln in Höhe von bis zu 0,9 Prozent enthalten. Das EU-Parlament wollte nur 0,1 Prozent dulden, konnte das aber nicht durchzusetzen. Das wirft die Frage auf, wozu die Bürger ein EU-Parlament wählen.

Bislang war es möglich, einige Bio-Produkte wie Tofu zu zehn Prozent mit Nicht-Bio-Rohstoffen herzustellen, jetzt sollen es noch fünf Prozent sein. Für den Marktführer unter den Tofuproduzenten, die in Freiburg ansässigen Firma Life Food, die ihre Ware zu 100 Prozent aus Bio-Rohstoffen herstellt, sind fünf Prozent noch zuviel, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Die Deutschen mögen es gerne hundertprozentig - sei es beim Reinheitsgebot für Bier oder bei Bio-Produkten. Bioland, Naturland und andere Markenzeichen aus Deutschland garantieren auch weiterhin Bio-Produkte - ohne faule EU-Kompromisse.


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