© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/07 22. Juni 2007

Neugierig auf Jamaika
Wirtschaftsrat: Die CDU diskutierte über die Globalisierung
Fabian Schmidt-Ahmad

Mit dem Wunsch nach einer Jamaika-Koalition eröffnete der CDU-EU-Parlamentarier Kurt Lauk am 13. Juni den "Wirtschaftstag 2007" im Berliner Interconti: Zwar bleibe die FDP die "erste und natürliche Wahl als Koalitionspartner der CDU", denn nur mit ihr könne man "einen klaren marktwirtschaftlichen Kurs in unserem Land durchsetzen". Aber zugleich sei "vorsichtige Öffnung" zu den Grünen "zukunftsweisend", denn in der Finanz-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik gibt es trotz der grundlegenden Unterschiede in der Energiepolitik mehr Gemeinsamkeiten mit den Grünen als mit der SPD", so der Chef des CDU-Wirtschaftsrates.

In ihrer - auch von ihrem einstigen Widersacher Friedrich Merz - mit Beifall aufgenommenen Wirtschaftstagsrede ging Bundeskanzlerin Angela Merkel auf diese klare Absage an die Große Koalition nicht ein. Sie hielt sich an das vorgegebene Leitthema "Wettbewerb der Kontinente - Deutschland und Europa gestalten Zukunft" und forderte unter anderem: "Wir müssen vor allem ein neugieriges Land sein. Unsere Chancen liegen darin, daß wir unsere Zukunft in Innovation sehen, in Entwicklung, in Forschung, in Kreativität sehen."

Bei einem anschließenden Podiumsgespräch beantwortete der dänische Beschäftigungsminister Claus Hjort Frederiksen die Frage "Globale Wirtschaft - Angriff auf den sozialen Zusammenhalt?" für sein Land mit einem klaren "Ja, aber": Seine liberal-konservative Regierung habe nicht auf eine Schocktherapie à la Margaret Thatcher gesetzt, sondern im Konsens das Modell "Flexicurity" entwickelt. Das bedeute: ein äußerst "flexibler" Arbeitsmarkt, verbunden mit hoher sozialer Sicherheit. Etwa ein Viertel der Dänen müsse jährlich den Arbeitsplatz wechseln, Qualifizierung sei selbstverständlich. Doch niemand müsse Angst vor einem sozialen Absturz haben, erläuterte der Rechtsliberale in hervorragendem Deutsch. Daher sähen 70 Prozent der Dänen die Globalisierung als Vorteil - in der EU seien es nur 30 bis 40 Prozent.

Die Frage, ob "Neuer Nationalismus" und der "Kampf um Ressourcen" eine "Gefahr für die Globalisierung" sei, wurde von den anwesenden Referenten unterschiedlich beantwortet. Jürgen Hogrefe vom Energiekonzern EnBW meinte, daß derzeit nur wenige Rohstoffe wirklich knapp seien, wie etwa das für die Mobiltelefontechnik unverzichtbare Erz Koltan. Hauptlieferant sei der krisenreiche Kongo - die Minen seien inzwischen fest in chinesischer Hand. China kaufe zudem Ölquellen zu exorbitant hohen Preisen auf, weil sich dies aus geostrategischer Überlegung rechne. Angesichts dessen wirkten Merkels Worte wie eine dunkle Prophezeiung: "Ich glaube, daß derzeit ein großer Wettbewerb um gesellschaftliche Ordnungen stattfindet. Diesen Wettbewerb können wir gewinnen, aber wir haben ihn noch nicht gewonnen."


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