© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/07 22. Juni 2007

Neoliberaler Tiger
Singapur, Asiens Vorbild
Werner Olles

Abgesehen von den üblichen Reiseführern sind Bücher über Singapur im deutschsprachigen Raum eher selten. Um so löblicher ist, daß der Sozialwissenschaftler Rolf Jordan, der bereits mehrere Publikationen über den südostasiatischen Stadtstaat verfaßt hat, nun ein weiteres gut lesbares Werk vorgelegt hat.

"Singapur - Globale Stadt und autoritärer Staat" beschäftigt sich indes weniger mit der wachsenden Bedeutung, die Singapur bei deutschen Ferntouristen und Geschäftsleuten inzwischen genießt, sondern untersucht und analysiert vor allem den autoritären Charakter des politischen Systems der "Tropical City of Excellence", wie sich die Stadt gern selbst bezeichnet.

Hierzulande bekannt sind vor allem die zahlreichen Verbote und zumeist ziemlich harten Strafen, die für die Mißachtung bestimmter Regeln drohen, vom Einfuhrverbot für Kaugummi bis hin zur Todesstrafe für Drogenbesitz und -handel. Tatsächlich gilt Singapur heute beispielsweise als Vorbild für die Regierung der Volksrepublik China. Deren Vorhaben, eine spezifisch asiatische Form von staatlichem Autoritarismus und schwachen sozialstaatlichen Strukturen nach der erfolgreichen Transformation der ehemals sozialistischen Kommandowirtschaft zu einer freien Marktwirtschaft mit pragmatischer Weltmarktorientierung als politisches System zu etablieren, folgt in weiten Bereichen dem Modell des Stadtstaates.

Ein Blick auf die politischen Strukturen Singapurs lohnt sich also, seit die rapide Industrialisierung aus dem einstigen Waren­umschlagplatz einen der begehrtesten Standorte für die Exportproduktion gemacht hat. Garant für diese Entwicklung ist eine primär an Wachstum und Fortschritt interessierte Regierung und eine allseits als effizient geltende Verwaltung. Doch sind diese Erfolge nicht zuletzt auch das Ergebnis einer autoritären Herrschaft, die westlichen Vorstellungen von Demokratie und Partizipation nur in sehr eingeschränktem Maß entspricht. Diesen entwicklungspolitischen Grundlagen des modernen Singapur spürt Rolf Jordan in seinem Buch nach und legt dabei die paternalistisch-korporatistischen Formen offen, nach denen das System funktioniert.

Rolf Jordan: Singapur. Globale Stadt und autoritärer Staat. Horlemann Verlag, Bad Honnef 2007, broschiert, 203 Seiten, 14,90 Euro


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