© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/07 29. Juni 2007

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Geschäftssprache
Karl Heinzen

Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat die Regierung aufgefordert, gegenüber den Institutionen der EU stärker als bisher darauf zu beharren, daß "die Stellung der deutschen Sprache in Europa ihrer Bedeutung entsprechend berücksichtigt wird". Die zwar etwas schwammig formulierte, dafür aber um so mehr als nationalistisch aufzufassende Deklaration fand nicht allein die Unterstützung der Koalitionsparteien, sondern auch die einhellige Billigung der FDP und der Linken. Lediglich die Grünen enthielten sich der Stimme, da sie einige Passagen des Beschlusses nicht mittragen wollten, auch wenn sie seine Intention im Grundsatz teilten.

Die Abgeordneten treibt aber wohl weniger die Sorge um, zum Erbe, das den Einwanderern dereinst hinterlassen wird, könnte eine marginalisierte Sprache gehören. Es ist vor allem die Furcht, den Anforderungen des parlamentarischen Alltags auf Dauer nicht mehr gewachsen zu sein, die sie dazu treibt, derart unübliche Töne anklingen zu lassen.

Zu einem überwiegenden Teil erschöpft sich die gesetzgeberische Aufgabe des Bundestages heute nämlich darin, auf EU-Ebene beschlossene Vorgaben in deutsches Recht umzusetzen. Dies funktioniert relativ problemlos, wenn die zur Erfüllung dieser Pflicht erforderlichen Dokumente von Brüssel bereits in deutscher Sprache vorgelegt werden. Leider ist es jedoch, vielleicht aus Sparzwängen, üblich geworden, daß zahlreiche Texte als "Anhänge" oder "Arbeitsdokumente" deklariert werden und daher unübersetzt bleiben, obwohl die Parlamentarier in Berlin mitunter den Eindruck haben, ihr Verständnis könnte zur Entscheidungsfindung nützlich sein.

Dieses Problem sollte jedoch lösbar sein, ohne daß man den Schwarzen Peter nach Brüssel schiebt und den Integrationsprozeß durch neuerliche Debatten über nationalen Interessenproporz weiter verzögert. Einfacher wäre es, wenn die Parteien nur noch Kandidaten zu Bundestagswahlen aufstellen würden, deren Englischkenntnisse zu mehr als einem zollfreien Einkauf auf den Parlamentarierbutterfahrten rund um den Globus befähigen.

Führungspositionen in der Wirtschaft sind heute ohne eine derartige Sprachkompetenz nicht mehr zu erreichen, in der Politik, wo es doch um das Ganze geht, sollte nicht weniger verlangt werden. In so manchem in Deutschland ansässigen Großunternehmen ist Englisch heute überdies die Geschäftssprache, in der sogar intern kommuniziert wird. Mit dieser Perspektive sollte sich auch der zunehmend international vernetzte Bundestag allmählich anfreunden.


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