© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/07 29. Juni 2007

Frisch gepresst

Gerhart Hauptmann. Im krassen Gegensatz zu dem heute medial omnipräsenten Literaturnobelpreisträger von 1929, Thomas Mann, ist es um Gerhart Hauptmann, dem diese Ehre schon 1912 zuteil wurde, sehr still geworden. Man mag darüber spekulieren, ob Manns Werk nicht durch die Emigrationsjahre "welthaltiger" wurde und somit weniger "zeitgebunden", das des daheim gebliebenen Schlesiers hingegen "provinzieller" ist und in seiner Wirkung an die Lebensepoche seines Schöpfers gebunden blieb. Der Anmerkungsteil der jüngsten Hauptmann-Biographie, die der mit vielen zu DDR-Zeiten publizierten Studien einschlägig ausgewiesene Rüdiger Bernhardt vorlegt, scheint ein solches Versinken im Provinziellen zu bestätigen, denn im letzten Vierteljahrhundert verhandelt man, um es zugespitzt zu formulieren, über den Dichter der "Weber" nicht mehr in maßgebenden germanistischen Zeitschriften, sondern eher in den Organen des "Kulturwerkes Schlesien". Auch Bernhardts Biographie erscheint nicht im S. Fischer Verlag, wo Hauptmanns Werk lange eine Heimstatt hatte, sondern in einem Verlag, der sich um die kulturgeschichtliche Erschließung seines Feriendomizils, der Insel Hiddensee (JF 13/07), verdient gemacht hat (Gerhart Hauptmann. Eine Biographie. Verlag Atelier im Bauernhaus, Fischerhude 2007, broschiert, 224 Seiten, Abbildungen, 16 Euro). Obwohl mitunter recht sprunghaft zwischen Biographie und Werkdeutung wechselnd, SED-Idiotismen ("Josef Nadler, die Personifikation der faschistischen Literaturwissenschaft") einstreuend, gelingt es Bernhardt, unterstützt durch eine äußerst glückliche Bildauswahl, den Leser neu für Hauptmann zu interessieren. Nicht zuletzt deshalb, weil er den Konnex zwischen Literatur und Politik nicht aus dem Auge läßt, der besonders plastisch hervortritt in der Schilderung des Sommers 1940 auf Hiddensee, wo die lebenslange Beschäftigung mit dem griechischen Mythos und das Erlebnis des deutschen Sieges über Frankreich das Alterswerk "Iphigenie in Delphi" zeitigte.

Tote Kaiser. Nach seinen zwei Vorläuferbänden über die letzten Ruhestätten deutscher Kaiser seit Karl dem Großen (JF 21/06) schließt der Historiker Hartmut Jericke nun seine kleine Monarchenreihe ab. Beginnend mit Kaiser Matthias (1557-1619) stellt er weitere 16 deutsche Kaiser vor. Dabei fährt man ab 1871 "zweigleisig" und schließt mit der Porträtierung und der Beschreibung ihrer letzten Ruheorte sowohl des Habsburgers Karl I. (1887-1922) als auch des Hohenzollern Wilhelm II. (1859-1941), die auch als einzige außerhalb der alten Reichsgrenzen ruhen - auf Madeira bzw. in Doorn. Letzterer harrt immer noch seiner letzten Wiederkehr nach Berlin, "wenn dereinst in Deutschland die Monarchie wieder aufgerichtet sein wird" (Begraben und vergessen? Tod und Grablege der deutschen Kaiser und Könige. Von Kaiser Matthias bis Kaiser Wilhelm II. 1919-1941. DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 2007, broschiert, 126 Seiten, 12,90 Euro).


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