© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/07 29. Juni 2007

Frisch gepresst

Ernst Jünger. Den 1971 verstorbenen Romancier und Essayisten Stefan Andres, 1906 in Trier geboren, rühmte Franz Lennartz' Handbuch "Die Dichter unserer Zeit" 1941 als "fabulierfreudigen Erzähler", als Verfasser eines "erdnahen", von "Frohsinn und Schwere des Weins durchglühten Moselromans". Daß Andres sich seiner "jüdischen Versippung" wegen 1937 ins Italien Mussolinis zurückgezogen hatte, tat solchem Lob keinen Abbruch. Nach 1945 eroberte er als innerer wie äußerer Emigrant mit der Nachkriegsausgabe (1951) von "Wir sind Utopia" (1943) den Buchmarkt und die Lesebücher für den gymnasialen Deutschunterricht, bevor die christlich angehauchte "Botschaft" dieses und anderer Texte nach 1970 als altbacken und "sozialkompromißlerisch" (Ernst Bloch) aus der Mode kam. Mit Ernst Jünger briefwechselte Andres seit 1937, doch wie die jetzt edierte Korrespondenz belegt: Viel zu sagen hatten sich die beiden Autoren eigentlich nicht. Insoweit fällt diese Publikation ähnlich enttäuschend aus wie der zaghafte Briefwechsel Jünger/Benn von 2006. Inklusive einiger Schreiben von Frau Andres reicht der Bestand gerade einmal für siebzig Seiten, in denen Verabredungen getroffen werden, die nicht zustande kamen, in denen Jünger kaum mehr als kühl-unverbindliche Höflichkeiten gen Italien schickt und in denen sich nur selten halbwegs Substantielles etwa zum Zeitgeschehen findet - und dies dann von dem politisch unbedarften Andres. "Haben" muß dieses Büchlein also nur, wer keine Lücke in seiner Jünger-Sammlung duldet (Günther Nicolin, Hrsg.: Ernst Jünger - Stefan Andres. Briefe 1937-1970. Klett-Cotta, Stuttgart 2007, gebunden, 185 Seiten, 21,50 Euro).

Europa. Nicht erst die schwierigen Verhandlungen beim letzten EU-Gipfel über die Verfassungsreform dürften auch dem Letzten klargemacht haben, daß die jeweiligen Verhandlungsführer a priori nationale Interessen als Maxime ihres Handelns verstehen. Die jüngste Analyse des früheren SPD-Bundesministers Hans Apel benennt prägnant die Gründe für das diesem supranationalen Konstrukt ohne gemeinschaftliches Bewußtsein immanente Dilemma. Dabei beklagt er, daß man seitens der EU auch naheliegende Chancen ausläßt, sich des kleinsten gemeinsamen Nenners einer "Corporate Identity" zu bedienen, wie sie für Apel zum Beispiel die gemeinsame christliche Tradition Europas darstellt (Europa ohne Seele. Brunnen Verlag, Gießen 2007, gebunden, 256 Seiten, 14,95 Euro).


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