© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

Patriotismus als Kündigungsgrund
Berlin: Die Polizeischule entläßt einen Dozenten, weil er für konservative Zeitungen schreibt
Marcus Schmidt

Mit vier knappen Zeilen beendete die Landespolizeischule Berlin in der vergangenen Woche die Dozententätigkeit des pensionierten Amtsrichters Falko Gramse. Ab sofort werde die Schule auf seine Mitarbeit verzichten, wurde dem 72jährigen ohne Angabe von Gründen mitgeteilt. "Ich danke Ihnen für die in den vergangenen Jahren von Ihnen geleistete Unterstützung", heißt es in dem Schreiben aus dem Berliner Polizeipräsidium abschließend.

Die Gründe für seinen Rausschmiß konnte der verdutzte Jurist tags darauf der Presse entnehmen. "Ausbildungsstätte feuert rechtsradikalen Dozenten", wußte die Welt zu berichten, und die Berliner Zeitung titelte: "Ex-Richter lehrte an der Landespolizeischule, obwohl er seit Jahren für rechte Zeitungen schrieb". Aus dem Artikel erfuhr Gramse, mit dem kein Journalist gesprochen hatte, daß ihm die Polizeiführung vorwirft, in Zeitungen und Zeitschriften zu publizieren, die sie als rechtsradikal einschätzt. "Er pflegt eine zweifelhafte Nähe zu Medien des rechten Spektrums", ließ sich Polizeisprecher Bernhard Schodrowski zitieren. "Unsere Lehrenden müssen über jeden Zweifel erhaben sein." Gramse wurde zum Verhängnis, daß er unter anderem vor fünf Jahren einen Artikel in der JUNGEN FREIHEIT  veröffentlicht hatte, sowie regelmäßig für die Zeitschrift Mensch und Maß  aus dem Umfeld der Ludendorff-Bewegung schreibt. Hier veröffentlichte er vor allem Artikel zu juristischen Themen und historische Beiträge über Friedrich den Großen.

Vorgeworfen wird Gramse aber insbesondere ein Beitrag, in dem er eine Rückkehr zum Nationalstolz fordert. Die Welt attestierte ihm deshalb ein "augenscheinlich distanzloses Verhältnis zum deutschen Patriotismus und Nationalstolz". Ein Vorwurf, den Gramse nicht nachvollziehen kann. "Das ist unmöglich", sagte er der JF. "Bei der Fußballweltmeisterschaft haben wir doch alle selbst erlebt, wie schön Patriotismus sein kann." Für Franzosen oder Polen sei Nationalstolz doch auch selbstverständlich.

So unverständlich dem ehemaligen Richter die Diskussion über seine Artikel auch ist, während seiner Lehrtätigkeit an der Landespolizeischule hätten diese Themen keine Rolle gespielt. Hier standen für den Polizeinachwuchs Themen wie "Strafverfahren in der Polizeipraxis" auf dem Stundenplan. "Ich habe mich dabei nie politisch geäußert", sagte Gramse. Dafür hätten die Polizeischüler auch weder Zeit noch Interesse gehabt.

Ein Blick auf einen anderen "Skandal" kann helfen, die Aufregung um Gramse zu verstehen. Kaum eine Zeitung vergaß zu erwähnen, daß die Polizeischule Anfang des Jahres wegen angeblich antisemitischer Äußerungen von Polizeischülern bereits einmal in die Schlagzeilen geraten war. Auch damals war die Aufregung groß. Indes: Die  Geschichte erwies sich als haltlos.


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