© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

WIRTSCHAFT
Ordnen, aber nicht lenken
Jens Jessen

Der Reiz des Wettbewerbs in der Wirtschaft liegt in der Stärkung der Position des Verbrauchers. Deshalb gibt es seit 50 Jahren in Deutschland das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Doch das Ideal des vollständigen Wettbewerbs wurde schnell zum funktionsfähigen Wettbewerb umgebogen und landete schließlich beim Verbraucherschutz. Nach Ludwig Erhard sollte das Kartellgesetz ein scharfes Schwert der unabhängigen Monopolbehörde für die Beseitigung des Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung sein. Heute greift der Staat selber ein mit der Folge, daß für die marktschädlichen Großunternehmen andere Regeln gelten. Es werden Rettungsaktionen für Großkonglomerate gestartet, obwohl die marktwirtschaftliche Sanktion die Insolvenz wäre. Bei Mißerfolgen von Mittelständlern wird der Konkurs schulterzuckend hingenommen. Die Verschleppung von Anpassungsprozessen wird dabei - wie bei der Schröder-Intervention bei der Holzmann-Pleite - den Steuerzahlern aufgebürdet. Das ist ein Verfall ordnungspolitischen Denkens und Handelns.

Die Megafusionen und halsbrecherischen Finanztransaktionen im Zeichen der Globalisierung, die der Staat einerseits begrüßt, andererseits aber als schwacher Staat auch fürchtet, treiben ihn zu Protektion und Intervention. Die Folge sind jedoch neue Verwerfungen, die dann Handlungen provozieren, die nicht vorhersehbar sind. Auch im globalen Maßstab sollte gelten: die öffentlichen Institutionen haben den Wirtschaftsprozeß zu ordnen und nicht zu lenken. Wer die Herrschaft der Großkonzerne begrenzen will, hat in erster Linie für einen globalen Ordnungsrahmen zu sorgen, der den schädlichen Konzentrationsprozessen in der Weltwirtschaft energisch entgegenwirkt.


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