© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/07 10. August 2007

Frisch gepresst

Moderne. Der Wiener Historiker Michael Weinzierl (1951-2003) hat in seinem dreißigjährigen Forscherleben nur zwei Bücher veröffentlicht: Dissertation und Habilitationsschrift. Beide Arbeiten galten der politischen Ideengeschichte Englands, im 17. und im frühen 19. Jahrhundert. Weinzierl ging aus diesem langem Aufenthalt im britischen "Laboratorium der Moderne" als "überzeugter Aufklärer" hervor, der, stark marxistisch angehaucht, auch im 21. Jahrhundert noch die "Gleichheitspostulate" der Französischen Revolution für politisch relevant hielt. Als prototypischer Linksintellektueller seiner Generation begründete Weinzierl 1986 den "Republikanischen Club - Neues Österreich" mit, der sich während der vermeintlichen "Affäre" um Kurt Waldheim unangenehm hysterisch profilierte. Weinzierl wollte auch unter den "Mahnern" gegen "Rassismus, Antisemitismus, Rechtsradikalismus" nicht fehlen, die lange vor dem bundesdeutschen "Kampf gegen Rechts" halfen, die geistige Freiheit zu "verdampfen" (Günter Maschke). Diesem "politischen Professor" ist ein schmaler, von Brigitta Bader-Zaar und anderen edierter "Gedenkband" gewidmet (Auf dem Weg in die Moderne. Radikales Denken, Aufklärung und Konservatismus, Studien Verlag, Wien 2007, broschiert, 133 Seiten, 19,90 Euro), der Aufsätze zum Spannungsverhältnis von Aufklärung, Nationalismus und Religion unter besonderer Berücksichtigung der englischen Geschichte enthält. Helga Schultz (Frankfurt/Oder) hat dabei die größte Mühe, an ihren "Irritationen" über die "Vorurteile" nicht zu verzweifeln, die der westpreußische "Aufklärer" und "kosmopolitische Revolutionär" Georg Forster über die Polen und die "polnische Wirtschaft" hegte.         

 

Sloterdijk. Bereits 2002 hat sich Holger Freiherr von Dobeneck an einer "lexikalischen Einführung in den Gedankenkosmos" seines Lieblingsphilosophen Peter Sloterdijk versucht. Über die Entschlüsselung einzelner Begriffe bzw. die den schwierigen Geist Sloterdijk vermeintlich leitende Deutung dieser Vokabeln puzzelte er dabei gleichsam dessen philosophische Matrix zusammen. Mit der "stark erweiterten Auflage" hat er diesen "Fischzug nach glänzenden Kuriosa aus den Tiefen des Gedankenmeeres" unbeirrt fortgesetzt. Es fällt jedoch immer noch schwer, Anteil an von Dobenecks ganz eigenem Petri-Heil-Erlebnis zu nehmen (Das Sloterdijk-Alphabet. Kritisch-lexikalische Einführung in seinen Ideenkosmos. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, broschiert, 278 Seiten, 28,90 Euro).


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