© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/07 17. August 2007

Aufgeschnappt
Ostfriesische Immobilienkrise
Matthias Bäkermann

Wieder einmal hat ein Hausbesitzer im ostfriesischen Wittmund seinen ganzen Landstrich in Unruhe versetzt. "In Wittmund geht die Angst um", meldete die Oldenburger Nordwest-Zeitung, nachdem Ommo Becker andeutete, das alte "Bahnhofshotel" an den Hamburger Anwalt Jürgen Rieger verkaufen zu wollen. Matthias Köring, Erster Kreisrat seiner Kleinstadt, warnte vor einer "erschreckenden Wirkung", falls dort "ein Nazi-Domizil" entstünde. Beispielgebend dürfte die angebliche Kaufabsicht des NPD-Funktionärs Rieger für ein leerstehendes, häßliches Hochhaus im Siebziger-Jahre-Stil in Delmenhorst gewesen sein. Um "Nazis aus der Stadt fernzuhalten", zahlte die mit 79 Millionen Euro überschuldete niedersächsische Stadt im Jahr 2006 zur Freude des Besitzers für das "Hotel am Stadtpark" schließlich einen den Verkehrswert dreifach übersteigenden Betrag (JF berichtete), den Delmenhorsts Oberbürgermeister Patrick de la Lanne (SPD) später auch freimütig als "politischen Preis" bezeichnete.

Die Sache erledigte sich nun aber für den Wittmunder Stadtkämmerer wesentlich günstiger. Aus Furcht, mit Rechtsextremen in Verbindung gebracht zu werden, ruderte der aus einer alteingesessenen Familie stammende Becker zurück. Er wolle seine baufällige Immobilie, in der zuletzt Sozialhilfeempfänger hausten, doch gar nicht ernsthaft verkaufen. Nur aus "Wut und Verärgerung" über ein vom Landkreis angedrohtes Nutzungsverbot wegen baulicher Mängel habe er diese Absicht vorgetäuscht. Ein glücklicher Kreisrat Köring lobte unterdessen Beckers reuige Umkehr als "klares Bekenntnis gegen Rechtsextremismus und für ein tolerantes Wittmund".


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