© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/07 07. September 2007

WIRTSCHAFT
Gescheiterte Bildungskonzepte
Michael Weis

Jahrelang war die anspruchsvolle "Linder Biologie" das gängige Lehrbuch der gymnasialen Oberstufe. Dennoch setzten sich inzwischen "leichtere" Bücher durch. Begründung: Der "Linder" sei zu schwer, zu wissenschaftlich und überfordere die Schüler. Hier offenbart sich ein Grundgedanke, der für weite Teile der deutschen Schullandschaft symptomatisch ist. Wenn die Schüler eine geforderte Leistung nicht erbringen können oder wollen, ist wohl das Niveau zu hoch und muß zeitgemäß und pädagogisch sinnvoll nach unten angepaßt werden. Ferner muß sich der Unterricht an den Leistungsschwächeren orientieren, um auch diesen die Chance zu geben, doch das Abitur zu machen. Aus dieser Perspektive erscheint es vielen sogar als besonders "human", die leistungsschwachen, gegebenenfalls schlecht sozialisierten Schüler mit besonders erfolgreichen Kindern in eine Klasse zu stecken - um so in Gesamtschulmanier zu erreichen, daß die "Starken" die "Schwachen" mitziehen.

Daß in der Praxis meist das Gegenteil der Fall ist und die Schlechten die Guten im Unterricht behindern - das wird geflissentlich ignoriert. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) zeigt nun erneut, daß die Bundesländer, in denen klassische Werte, Fleiß und hoher Anspruch tendenziell noch etwas zählen, nach wie vor in der deutschen Bildungslandschaft vorne stehen. Daß mit Sachsen (1), Baden-Württemberg (2), Thüringen (3) und Bayern (4) allesamt unionsregierte Länder vorne liegen, in denen das Bildungssystem noch konservative Züge trägt, sollte den Verantwortlichen zu denken geben. Denn die Berufsschulen und die ausbildungswilligen Betriebe müssen die "Erfolge" der Kuschelpädagogik ausbaden. Und manche Firmen wollen daher schon lieber "qualifizierte Zuwanderer".


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