© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/07 07. September 2007

Falsche Brüder
Politische Zeichenlehre XXXI: DDR-Symbole
Karlheinz Weissmann

Zu den merkwürdigen Nebenwirkungen der (Wieder-)Entdeckung von "Schießbefehlen" des SED-Regimes gehört die Forderung des CDU-Bundestagsabgeordneten Kai Wegener, DDR-Symbole zu verbieten. Er stört sich vor allem an dem Devotionalienhandel, der bis heute in Berlin mit Abzeichen und Uniformstücken des untergegangenen kommunistischen Systems betrieben wird. In erster Linie geht es dabei um drei Symbole: das Staatswappen, das Parteiabzeichen der SED und das Blauhemd der FDJ.

Nach Gründung der DDR im Jahr 1949 stellte sich die Frage, welcher Art das Hoheitszeichen sein sollte. Man entschied erwartungsgemäß gegen ein Wappen im traditionellen Sinn und für eine "Marke" nach dem Muster der sowjetischen Kombination von Hammer und Sichel. 1950 wurde ein Emblem eingeführt, bestehend aus einem Hammer im Ährenkranz, das die "Arbeiter- und Bauernmacht" versinnbildlichen sollte.

Drei Jahre später ergänzte man - auch als Ausdruck eines moderaten Kurswechsels - Hammer und Ährenkranz um einen Zirkel, damit die Bedeutung der "technischen Intelligenz" im "Bündnis aller fortschrittlichen Kräfte" angemessen repräsentiert würde.

Mit Gesetz vom 26. September 1955 erhob die DDR-Führung Hammer und Zirkel in den Rang eines offiziellen Staatswappens, 1959 wurden sie auch auf der schwarz-rot-goldenen Nationalflagge angebracht, um diese deutlich von der bundesrepublikanischen zu unterscheiden.

In ihrer Funktion als Staatswappen blieben Hammer und Zirkel unbestritten bis zum Beginn der "Wende" im Herbst 1989. Am 31. Mai 1990 entschied die Volkskammer auf Antrag der konservativen Deutschen Sozialen Union (DSU), daß das Emblem von der Wand des Parlaments sowie von allen öffentlichen Gebäuden zu entfernen sei.

Dasselbe Schicksal erlitt das Symbol der Staatspartei SED. Diese hatte nach dem "historischen" Handschlag des Sozialdemokraten Otto Grotewohl und des Kommunisten Wilhelm Pieck bei der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei ebendiesen Handschlag als Parteiabzeichen eingeführt.

Gleichzeitig ging es aber auch um die Aneignung einer ehrwürdigen linken Symboltradition. Der Handschlag hatte schon eine Rolle für die Symbolik der Freimaurerei gespielt, die ihn als sinnfälligen Ausdruck der "Brüderlichkeit" ansah. Mit der Übernahme vieler maurerischer Zeichen in die politische Ikonographie der Amerikanischen und der Französischen Revolution fand sich der Handschlag als Symbol in zahlreichen liberalen und sozialistischen Gruppierungen des 19. Jahrhunderts wieder.

In Deutschland verwendete vor allem der 1863 von Ferdinand Lassalle gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) ein entsprechendes Emblem, und vom ADAV wurde es nicht nur an die Sozialdemokratische Partei, sondern auch an die Gewerkschaften und verwandte Organisationen der Arbeiterbewegung weitergegeben.

Erst nach dem Zusammenbruch von 1918 sah sich der Handschlag auf der Linken durch andere, weitaus aggressivere Symbole - nicht zuletzt die geballte Faust - verdrängt. Die Wiederbelebung, die er in der DDR mit der Gründung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (1945) und der SED (1946) erfuhr, konnte nie darüber hinwegtäuschen, daß man sich seiner mißbräuchlich bediente.

Ähnliches gilt für das "Blauhemd" der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Der 1946 gegründete Verband trat ursprünglich als überparteiliche Organisation auf und versuchte optisch an Traditionen der Jugendbewegung anzuknüpfen.

Dazu gehörte auch eine "Kluft" mit Hemd von militärischem Schnitt, das 1948 durch den damaligen FDJ-Vorsitzenden Erich Honecker nach dem Muster des Blauhemds der Roten Falken - eines sozialistischen Jugendverbands der Vorkriegsjahre - eingeführt wurde.

Im Zuge der weiteren Entwicklung trat die FDJ immer ausschließlicher als Staatsjugend und "Kaderreserve" der SED auf, das Blau verlor seine graue Tönung und wurde offiziell als "Friedensfarbe" interpretiert.

In Westdeutschland, wo die FDJ als Jugendverband der KPD verboten war, stand das Tragen in der Öffentlichkeit bis zum Beginn der Entspannungspolitik unter Strafe. Von solcher Rigorosität ist man im Zeichen des DDR-Retro bedauerlich weit entfernt. Insofern wird man den Vorstoß Wegeners als angemessen betrachten, aber als ähnlich aussichtslos wie die Versuche Ungarns und der baltischen Staaten, in der EU das Zeigen kommunistischer Symbole überhaupt für illegal zu erklären.

Die JF-Serie "Politische Zeichenlehre" des Historikers Karlheinz Weißmann wird in zwei Wochen fortgesetzt.


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