© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/07 14. September 2007

Kolumne
Übertriebene Toleranz ist unangebracht
Norbert Geis

Angesichts der neuerlichen Ereignisse, bei denen Terroranschläge verhindert werden konnten, muß die Möglichkeit der Online-Durchsuchung vorbehaltlos diskutiert werden. Wir müssen uns vor Augen führen, daß auch Deutschland in höchstem Maße vom Terror bedroht ist und die Täter auch aus der eigenen Bevölkerung kommen. Daher dürfen wir keine Möglichkeiten auslassen, die Täter aufzuspüren. Das Internet und die damit verbundenen technischen Mittel sind Gefahrenquelle Nummer eins. Diesen technischen Entwicklungen müssen wir unsere Sicherheitsvorkehrungen anpassen - wenn nötig und in letzter Instanz auch mit Online-Durchsuchung. Im übrigen soll sie auch zur Bekämpfung von abscheulichen Verbrechen wie Kinderpornographie dienen.

Kritiker monieren, daß ein Gesetz zur Online-Durchsuchung die Unverletzlichkeit der Wohnung Artikel 13 Grundgesetz verstoße. Rein juristisch ist die Frage sicher schwierig zu beantworten. Ein solches Gesetz muß im Einklang mit dem Grundgesetz stehen. Klar muß aber sein, daß es sich bei der Online-Durchsuchung um gezielte Maßnahmen gegen einzelne hochprofessionelle Schwerstkriminelle handelt. 99 Prozent aller Menschen in Deutschland werden nie von der Online-Durchsuchungen betroffen sein. Das wird von den Skeptikern oft vergessen. Eine verfassungskonforme Online-Durchsuchung wird nur auf richterliche Anordnung hin erfolgen.

Darüber hinaus muß festgehalten werden, daß es bei einem solchen verdeckten Zugriff nicht darum geht, Kenntnisnahme von privaten Dingen wie Krankheitsberichten, Tagebüchern, Liebesbriefen und dergleichen zu erlangen.

Da die Terrorgefahr stetig steigt, ist eine Intensivierung der Untersuchungen unvermeidbar. Daher muß zumindest darüber nachgedacht werden, ob unser Grundgesetz der derzeitigen Bedrohungslage und den technischen Möglichkeiten noch gerecht wird. Gerade weil unser Rechtsstaat gewahrt bleiben muß, dürfen wir denjenigen, die ihn aushöhlen wollen, keine Plattform bieten. Übertriebene Toleranz ist dabei unangebracht. Jeder, der in diesem Land lebt, muß sich zu unserer Verfassung bekennen. Wer das nicht tut und sich dabei auf seine religiöse Herkunft beruft und damit die bei uns bestehende Religionsfreiheit mißbraucht, kann hier nicht geduldet werden. Wir müssen alles tun, um die Sicherheit in diesem Land und damit auch die Freiheit des einzelnen zu wahren.

 

Norbert Geis (CSU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und lebt als Rechtsanwalt in Aschaffenburg.


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