© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/07 21. September 2007

Dümmliche Klischees
Ausstellung: "Denk ich an Deutschland" in Offenbach
Claus-M. Wolfschlag

Bereits im 19. Jahrhundert wurde deutscher Kunst attestiert, sie sei von Tiefsinn und romantischer Schwermut beherrscht, wo - wie Rilke einmal bemerkte - "Bäume und Brücken wie von den Schatten unsichtbarer Dinge verdunkelt sind". Wer nun meinte, Reste jener seelischen Tiefe in einer derzeit in Offenbach stattfindenden Schau örtlicher Gegenwartskünstler zu finden, die "Deutschland" zum Thema gewählt hat, dürfte enttäuscht werden.

Die Nationalfarben werden für allerlei Spielereien verbraten - natürlich. Ein Künstler hat für sein "Potpourri" Kaffeesatz auf Leinwand getrocknet und mit schwarz-rot-goldenen Einwebungen versehen, ein anderer für seine "Fahnensehnsucht" rostige Eisenstangen mit einer Deutschlandflagge verschnürt. "Deutsche Seen" heißt ein Gemälde, das eine Unmenge mehr oder minder gefüllter Bierkrüge zeigt. Ein "Lichttempel" aus Paraffin auf Leinwand erweist sich als schnöde nächtliche Tankstelle.

Zum Jahr 1989 fallen einer Künstlerin nur zwei Siebdrucke mit Hirschabbildungen ein. Und als ob dieses dümmliche Klischee nicht schon genug wäre, müssen in der "Installation Scherbenhaufen" auch noch drei Gartenzwerge mit hochgerecktem Arm herhalten. Gartenzwerge und Hirsche, natürlich. Hinzu kommt noch eine Moschee, auf die zwei Flugzeuge zurasen. Und eine Künstlerin mokiert sich zu Fotos der Frauen-Nationalmannschaft über "alberne Deutschland-Flaggen-Accessoires" und daß Fußball immer noch als "äußerst männlicher und heterosexueller Sport" aufgefaßt würde. Deutschland 2007 - zwischen abgegriffener Verballhornung sowie schnöder Konsum- und Genußwelt.

Am Eingang liegen noch Flugblätter eines "Heinrich-Heine-Club e.V." herum, der aktiv eintrete "für Frieden, gegen Rassismus und Neonazismus und für soziale Gerechtigkeit". Und so geht man wieder. Denn zwischen Tankstellen, Biergläsern und Fußballtrikots wächst keine deutsche Romantik, sondern ruht allenfalls die Leere dieser Zeit.

Die Ausstellung "Denk ich an Deutschland" ist noch bis zum 27. September im Offenbacher Kunst-Raum-Mato, Bieberer Straße 215-217, zu sehen. Geöffnet ist Donnerstag von 17 bis 20 Uhr und am Wochenende von 14 bis 17 Uhr.


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