© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/07 28. September 2007

Spiel mit dem Feuer
Niedersachsen: Die NPD setzt im Wahlkampf auf die Unterstützung radikaler "Kameradschaften" und macht finanzielle Zugeständnisse
Peter Freitag

Obwohl die Wahl zum nächsten niedersächsischen Landtag erst am 27. Januar 2008 stattfinden wird, hat die NPD ihren Wahlkampf bereits eröffnet. Auf der Auftaktveranstaltung am 15. September in Hannover rückte die Zusammenarbeit mit den sogenannten "Kameradschaften" in den Blickpunkt. Neben der Präsentation der Kandidaten, an deren Spitze der 39 Jahre alte Andreas Molau steht, diente die Zusammenkunft offenbar vor allem zur Demonstration der Geschlossenheit - sowohl innerhalb der eigenen Partei als auch des erweiterten "nationalen Lagers".

Dabei spielte auch die Wahl des Ortes eine - symbolische - Rolle: Denn in Hannover wurde 1964 die NPD als ein neues Sammlungsbecken der bis dato parteipolitisch zersplitterten äußersten Rechten gegründet. Auch hatte hier die Partei drei Jahre später bei der Landtagswahl sieben Prozent erhalten und war bis 1970 im Leineschloß, dem Sitz des Landtages, vertreten. Von solchen "Glanzzeiten" ist die NPD im Westen der Bundesrepublik jedoch immer noch weit entfernt, vor allem in Niedersachsen bestimmten personelle Zerwürfnisse und Richtungsstreitigkeiten das Bild.

Noch im Dezember 2006 hatten 70 Parteimitglieder die Einberufung eines außerordentlichen Landesparteitages gefordert. Die hauptsächlich aus dem Umfeld der Parteijugend stammenden Kritiker begehrten vor allem gegen den Landesvorsitzenden Ulrich Eigenfeld auf, den sie durch seinen Stellvertreter Adolf Dammann ersetzen wollten. Strittig war innerhalb der NPD nicht zuletzt der Umgang mit den als besonders radikal geltenden "parteifreien" Aktivisten des "nationalen Widerstands", zu denen Eigenfeld ein distanziertes Verhältnis pflegt. Den "freien Kräften" gilt Eigenfeld, der gleichzeitig auch Mitglied im Bundesvorstand ist, als "Prototyp des Parteibürokraten".

Die innerparteilichen Kritiker hatten damals offen angekündigt, daß bei einem Verbleib Eigenfelds an der Spitze des Landesverbandes keine weitere Unterstützung aus dem Umfeld der "Freien Kameradschaften" erfolgen würde. Dammann dagegen, NPD-Mitglied der ersten Stunde, war diesem Spektrum eher zugetan und unterstützte auch in seiner Funktion als Vorstandsmitglied Aufzüge, von denen sich die Partei offiziell distanziert hatte, was wiederum zu Ärger im Vorstand führte.

Auf einem - ordentlichen - Parteitag  wurde zwar Eigenfeld wieder zum Vorsitzenden gewählt, doch gleichzeitig Andreas Molau zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2008 gekürt. Dieser Kompromiß glättete offenbar erfolgreich die Wogen. Der ehemalige Waldorfschul-Lehrer und Redakteur der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme ist einerseits mit seinem bildungsbürgerlichen Auftreten keine Provokation für ältere NPD-Anhänger und hegt selbst andererseits offenbar keine Reserven gegen die radikale nationalistische Jugend(sub)kultur.

Dadurch scheint auch diese Szene wieder versöhnt zu sein: "Aufgrund der aktuellen Umstrukturierung im Landesverband der NPD-Niedersachsen, haben wir uns erstmalig dazu entschlossen, eine Wahlempfehlung für die Landtagswahl in Niedersachsen im Januar 2008 auszusprechen ...Als parteifreie Kräfte sehen wir uns von der neuen Ausrichtung der NPD-Niedersachsen unterstützt ...", verlautbarte eine Gruppierung aus Südniedersachsen.

Einige "parteifreie Nationalisten" und Mitglieder von "Kameradschaften" haben nun mit der Partei ein Unterstützungsabkommen unterzeichnet und am Wahlkampfauftakt teilgenommen. Dies verwundert insofern, als die Führung der NPD noch im August auf Konfrontationskurs zu Teilen der "freien Kräfte" gegangen war (JF 37/07). In dem Abkommen soll den "Kameradschaften" auch die Zahlung eines Teils des Geldes zugesichert worden sein, das die NPD aus der Wahlkampfkosten-Rückerstattung bekommen könnte. Als Sprecher der "freien Nationalisten" trat auch Dieter Riefling, ehemaliges Mitglied der 1995 verbotenen Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP), auf. An Rieflings hatte sich 2005 noch ein heftiger Streit zwischen "Kameradschaften" und NPD-Chef Eigenfeld entzündet, nachdem dieser Riefling auf einer Kundgebung der Partei nicht erlaubt hatte zu reden.


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