© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/07 05. Oktober 2007

Andreas Mölzer
Bitterer Abschied nach zehn Jahren
von Dieter Stein

Es war eine bittere Entscheidung, aber eine, die angekündigt war. Die JUNGE FREIHEIT hat sich von ihrem langjährigen Kolumnisten Andreas Mölzer getrennt und die Zusammenarbeit mit der Wiener Wochenzeitung Zur Zeit (ZZ) beendet. Eine Entscheidung aus heiterem Himmel ist dies nur für denjenigen, der die Vorgeschichte nicht kennt. Die JF und Mölzer kennen sich seit 15 Jahren, publizistisch gemeinsam aktiv wurden sie 1995, als in Zusammenarbeit für zwei Jahre eine "JF-Österreich" herausgegeben wurde, die sich im Oktober 1997 in die ZZ wandelte.

Die ZZ zeichnet sich im Gegensatz zur JF dadurch aus, daß sie durch ihren Herausgeber Mölzer aber auch durch ihre Berichterstattung ein parteinahes Blatt ist, quasi ein Sturmgeschütz des nationalkonservativen FPÖ-Flügels. Sie hat Zugang zu einer etablierten Kraft in der Alpenrepublik. Solange es die österreichische Innenpolitik betraf, mußten die JF die Interessen und Konflikte der ZZ oder Andreas Mölzers nicht berühren, zu interessant waren seine Briefe aus Brüssel, in denen er die EU-Politik oder den mitteleuropäischen Raum analysierte.

Leider begab sich Mölzer in Vorbereitung auf die Europawahl 2009 und in Sorge um das Fortbestehen der rechten Europafraktion ITS in die Niederungen der deutschen Innenpolitik. Überrascht wurden wir im Frühsommer von Informationen, daß bundesdeutsche Emissäre des Europaabgeordneten von Flensburg bis München unterwegs waren, um ein einheitliches Antreten der "deutschen Rechten" anzustreben - unter Einbeziehung der rechtsextremen NPD.

Daß das Reüssieren der NPD und ihres teils unverholen neo-nationalsozialistisch auftretenden Umfeldes ein Fiasko für alle Bemühungen um die Etablierung eines rechtsdemokratischen Parteiprojektes in Deutschland bedeutet, hat die JF wiederholt scharf herausgearbeitet. Insofern waren wir verblüfft, als Mölzer trotzdem daranging, der NPD den Weg an den Verhandlungstisch um "Einheitslisten" zu bahnen, sie zum anerkannten Gesprächspartner einer demokratischen Rechten zu machen.

Anfang August machte ich seine Sondierungen mit der NPD auf meine Initiative zum Gegenstand einer langen Unterredung in Kärnten. Auf der Terrasse seines Hauses am Ossiacher Sees sitzend, skizzierte ich Mölzer bei Kaffee und Kuchen, weshalb die NPD für die Frage einer seriösen rechtsdemokratischen Alternative in Deutschland vollkommen indiskutabel ist, daß diese Partei nicht angeblich, sondern tatsächlich programmatisch und in ihrem Führungspersonal ungebrochen beim Dritten Reich anschließt. Ich machte ihm auch deutlich, daß für die NPD das Zustandekommen einer EU-Liste sekundär, ein Erfolg sogar höchst zweifelhaft ist. Sondern daß es das Ziel der NPD ist, nach der K-Gruppen-Taktik auf der Linken mit Hilfe nützlicher Idioten alle rechtskonservativen Gruppen aufzureiben. Ihr Ziel sei schon erreicht, wenn Mölzer sie in Straßburg an den Verhandlungstisch bitte, gemeinsam mit Republikanern und anderen, die bislang Abstand zur NPD wahrten. Ich warnte Mölzer, daß die Kooperation der JF mit der ZZ und ihm automatisch zur Disposition stünde, wenn er sich zum Geburtshelfer einer Liasion mit der NPD mache.

Wir trennten uns versöhnlich, ich hörte nichts mehr von den Einigungsbemühungen. Bis letzte Woche eine NPD-Pressemitteilung jubelnd das Gipfeltreffen mit Mölzer in Straßburg verbreitet: für mich das Ende einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.


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