© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/07 05. Oktober 2007

Frisch gepresst

Geschichtspolitik. Bis Mitte 40 war der Hamburger Politologe Peter Reichel ein mit öder "Friedens- und Konfliktforschung" befaßter akademischer Hinterbänkler. Dann fiel ihm schließlich ein, das Karrierekatapult mit braunem Schmieröl flottzumachen. Seitdem ist Reichel ein vielbeachteter Publizist, schreibt für taz, Tribüne, Süddeutsche, Zeit über "Auschwitz", "Holocaust", "deutsche Schuld" usw. Mit seiner Arbeit über "Faszination und Gewalt des Faschismus" ("Der schöne Schein des Dritten Reiches", 1990), konnte der bis 1989 zu den bekennenden "Zweistaatlern" zählende Reichel sogar einen Bestseller landen. Kein Wunder, wenn sich nun neben geistesverwandten Nachwuchskräften wie Constantin Goschler (Bochum) altgediente Volkspädagogen wie Arno Herzig, Peter Steinbach oder Kurt Lenk einfinden, um an der Festschrift zu Reichels 65. Geburtstag mitzuwirken (Harald Schmid, Justyna Krzymianowska, Hrsg.: Politische Erinnerung. Geschichte und kollektive Identität. Königshausen&Neumann, Würzburg 2007, broschiert, 265 Seiten, 39,80 Euro). Steinbach, mit obskuren Deutungen des "20. Juli" jüngst erneut ins Zwielicht geraten, macht sich hier für eine angemessene Erinnerung an 1848 stark, kommt aber damit vierzig Jahre nach den inzwischen beherzigten Ermahnungen Gustav Heinemanns etwas zu spät. Lenk ist gegen die eindeutig das Gegenteil beweisende Quellenlage donquichottesk bestrebt, Oswald Spengler in seinen letzten Lebensjahren nicht als "Verfemten" des NS-Regimes erscheinen zu lassen.

 

Souveränität. Der Berliner Jurist Werner Mäder versucht in seinem jüngsten Werk eine Besinnung auf die europäische Tradition des auf "Souveränität" fixierten Staatsdenkens anhand der kritischen "Relektüre" der Klassiker: von Bodin und Hobbes bis Schmitt und Heller. Dies ist jedoch für ihn keine ideengeschichtliche Glasperlenspielerei, sondern gedacht als Antwort auf das bundesdeutsche "Elend der Politik", die sich nicht an "Souveränität", also an Selbstbestimmung und -behauptung orientiert, sondern sich immer noch nicht von den seit dreißig Jahren eingeschliffenen kosmopolitischen Illusionen, europäischen Phantasmen und universalistischen Träumen von "weltoffen"-unbegrenzter Demokratie und globalisierten Menschenrechten zu lösen vermag (Vom Wesen der Souveränität. Ein deutsches und ein europäisches Problem. Duncker&Humblot, Berlin 2007, broschiert, 198 Seiten, 52 Euro).


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