© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/07 12. Oktober 2007

Lautstarker Bürgerprotest
Islamisierung: In Frankfurt am Main organisieren Bewohner des Stadtteils Hausen den Widerstand gegen einen Moschee-Neubau
Armin Krach

Frankfurt am Main entwickelt sich zu einem neuen Schauplatz im Streit um den Neubau von Moscheen. Der türkisch-pakistanische Hazrat-Fatima-Moscheeverein plant die Errichtung eines großen Moschee- und Gemeindekomplexes an der Straße "Am Industriehof" im Stadtteil Hausen. Die Kosten betragen rund 2,8 Millionen Euro. Dagegen hat sich ein lautstarker Bürgerprotest formiert. Anwohner fürchten nicht allein eine verstärkte Verkehrsbelastung, sondern eine zunehmende Islamisierung und Überfremdung ihres bürgerlichen Wohngebiets, in dem bereits zwei Moscheen existieren.

"Meine Heimat ist Deutschland"

Ortstermin, Mitte September. Zu einer Diskussionsveranstaltung im Kulturzentrum "Brotfabrik" hatte der Ortsbeirat geladen. Der große Saal ist brechend voll. Es dürften weit mehr als 300 Besucher sein. Das Publikum ist mehrheitlich deutsch, bürgerlich und über 40 Jahre alt. Jugend zeigt sich kaum, bei allen Konfliktparteien. Nur etwa 20 Jugendliche sind auszumachen. Deren Meinung ist eindeutig auf Seite der Moscheebauer. Einige türkische Jung-Machos ohne Manieren, aber mit teils blondem weiblichen Anhang schwätzen ständig laut, futtern und trinken, was zu mehrfachen Ermahnungen durch Zuhörer führt. Der Rest der kleinen Jugendgruppe ist an Haltung und Kleidung unschwer als "antifaschistisch" auszumachen.

Auf dem Podium haben zwei Vertreter des Moscheevereins, ein Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes und der städtische Integrationsdezernent Jean-Claude Diallo (Grüne) Platz genommen. Schon während der Personenvorstellung kommt es zu hitzigen Szenen. Zwischenrufe und Pfiffe gellen durch den Raum, der Veranstaltungsleiter erklärt mehrfach ruhig das Prozedere, die Stimmung bleibt aber hitzig. Mit Anzug und gutem Deutsch erläutert der Sprecher des Moscheevereins, Ünal Kaymakci, eloquent das Vorhaben. Der junge Jurist hat die richtigen Worte gelernt, derer es in Deutschland braucht, um den Segen der tonangebenden politischen Kultur zu erhalten. Er spricht von Religionsfreiheit und Toleranz. Gegnern der Moschee wirft er hingegen "tief verwurzelte Vorurteile" und "Unkenntnis" des Gemeindelebens vor. Womit er nicht nur Unrecht haben dürfte. Dem Konflikt solle das Gebäude aber gerade abhelfen. Viel Glas und Stahl solle Verwendung finden, somit die Moschee zur Stadt hin "geöffnet" und "transparent" erscheinen. Als Kaymakci durch Zwischenfragen in die Enge getrieben wird, beginnt seine Fassade zu bröckeln. Auf die Frage, wie er es denn mit der Religionsfreiheit in seiner Heimat halte, ob er sich von der Verfolgung christlicher Gemeinden distanziere, antwortet er ausweichend: "Meine Heimat ist Deutschland." Daß die Gemeinde, für die er spricht, aber als explizit pakistanisch-türkische auftritt und unlängst einen Imam präsentierte, der zwar Urdu beherrscht, aber weder Deutsch noch Englisch, ist mit diesem Heimatbekenntnis schwer vereinbar. Als Kaymakci auf seinen Integrationswillen angesprochen wird, reagiert er trotzig: "Wir müssen nicht integriert werden, wir sind Gestalter der Integration."

Einer, der diesen Begriff in seiner Berufsbezeichnung führt, Integrationsdezernent Diallo, positioniert sich ebenfalls eindeutig gegen die Mehrheit der anwesenden Hausener und macht sich über die Anwohner lustig. Sie stritten sich "wie die Raben" um den "letzten Mist", meint er. Es führe aber kein Weg daran vorbei, daß die Bürger nun einmal den Lauf der Dinge akzeptieren müßten. Solche Festlegungen, nach denen nur die deutsche Stammbevölkerung die von der Politik geförderten Entwicklungen zu akzeptieren und Toleranz walten zu lassen habe, führen zu großem Unmut im Saal. Das sei Integration als Einbahnstraße, meinen einige.

Der Stadtverordnete Wolfgang Hübner fragt schließlich kritisch, ob der Dialog, zu dem der Dezernent aufrufe, bereits im Ergebnis festgelegt oder ergebnisoffen sei - sonst müsse der Bau noch verhindert werden können. Der 63jährige Diallo, ein aus Guinea stammender Psychologe, seit 1995 als Fachbereichsleiter für "Flüchtlinge, Migranten und interkulturelles Zusammenleben" bei der evangelischen Kirche tätig, hat für all das nur ein breites Grinsen übrig.

Unterstützung findet Diallo nur bei einigen Besuchern vom linken Rand. Jutta Ditfurths Gefährte Manfred Zieran von der "antirassistischen" Liste "Ökolinx" versucht den Konflikt erst auf die Frage nach Verkehrsproblemen und mangelnden Sozialarbeiter-Stellen herunterzureden und fängt dann irgendwann an, laut zu werden. Die radikale Linke versucht zwar vehement den Kulturkonflikt zu leugnen und alles wieder auf die Ebene einer klassischen sozialen, materiellen Frage zu ziehen, die eventuell mit Betreuungspersonal zu beruhigen wäre, doch es ist vergeblich.

Stadtparlament unterstützt das Vorhaben

Immer wieder kommt es zu Wortgefechten des Podiums mit Vertretern der Bürgerinitiative Hausen, ein bislang völlig unorganisierter informeller Kreis von Anwohnern. "Wir wollen keine Kreuzberger Verhältnisse", bringt deren Sprecher Horst Weißbarth die Sorge vor einem zunehmend türkischen Ghetto zum Ausdruck.

Überhaupt sind die Moscheekritiker im Saal keine Ideologen oder Intellektuellen, es haben sich vielmehr Normalbürger versammelt mit all ihren diffusen Ängsten und teils dumpfen Ressentiments, aber aktiviert von dem Empfinden, daß nun tiefgreifende und spürbare Veränderungen in ihrem Lebensraum und sozialen Gefüge bevorstehen, für die die Moschee eben als ein Symbol steht. Sie sind zudem angetrieben von einem Gefühl der Ohnmacht, da sie keinerlei politische Vertretung ihrer Interessen mehr in den herkömmlichen Parteien finden. Während die städtischen Verantwortlichen sich schon seit Monaten heimlich mit den Bauplänen befaßten und der Ortsbeirat sich faktisch zum Stillschweigen verpflichten ließ, sickerten die Pläne nur zufällig an die Öffentlichkeit. Viele Bürger reden sich so ihre Sorgen von der Seele. Ein Mann erzählt, daß an der Hausener Grundschule seines Kindes die Lehrer bei Schulfahrten bereits vorab zusicherten, daß die Schüler kein Schweinefleisch zu essen bekämen.

Als die meisten der etwa 20 Jugendlichen gehen, wird rasch klar, daß sie zusammengehören. Und sie dürfen sich wieder einmal einig wissen mit einer breiten Koalition des Stadtparlaments von CDU bis zu den Grünen und zur Linkspartei. Diese Koalition hat sich längst hinter dem Verweis auf die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit verschanzt und den Anwohnern jegliche Legitimation abgesprochen. Deren Alternativen sind gering: Mit der NPD, die als Trittbrettfahrer eine - Anfang dieser Woche verbotene - Großdemonstration durch den Stadtteil plante, will die Bürgerinitiative nichts zu schaffen haben.

Als einzige bürgerliche Kraft hat sich die kleine Fraktion Freie Wähler - BFF um den Stadtverordneten Wolfgang Hübner auf die Seite der Hausener Bürger geschlagen. Sie tritt für eine Prüfung der Pläne und die Suche nach einem geeigneten Alternativstandort ein. Dieses Ausscheren aus dem politischen Konsens führt zu deutlichem Unmut in der politischen Einheitsfront. "Rassist" und "Schreibtischtäter", polterte Diallo denn auch während einer Sitzung des Integrationsausschusses.

Der Tenor im Ausschuß war zudem einhellig: Eine Veranstaltung wie die in Hausen dürfe nie wieder so stattfinden. Die Politik dürfe ein solch unkontrolliertes Podium für die Bürger nicht mehr zulassen. Vor allem Vertreter der Linken und der Grünen sprachen davon, daß dort nicht nur Meinungen, sondern auch "Verbrechen" geäußert worden seien. Ihnen wurde von den Großparteien nicht widersprochen.

Das Moschee-Projekt wird sich durch den Bürgerprotest nur schwerlich aufhalten lassen, es ist durch die Religionsfreiheit und das Baurecht gedeckt. In der vergangenen Woche beschloß das Frankfurter Stadtparlament mehrheitlich, das Bauvorhaben grundsätzlich zu unterstützen.

Foto: Entwurf der geplanten Moschee: Zur Stadt hin "geöffnet" und "transparent"


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