© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/07 12. Oktober 2007

CD: Metal
Kopisten
Jörg Fischer

Als vor zehn Jahren die britische Institution Judas Priest mit dem US-Sänger Tim Owens mit neumetallisch-melodiefreien Klängen auf inzwischen wesentlich kleiner gewordene Weltbühnen zurückkehrte, entschlossen sich fünf deutsche Metal-Musiker, in die so entstandene Marktlücke einzudringen. Aus dem Spaßprojekt Just Priest von Ralf Scheepers (Gesang, Ex-Tyran Pace und Gamma Ray) und Mat Sinner (Gesang/Baß, Sinner) wurde Primal Fear.

Schon die erste Primal-Fear-CD von 1998 versuchte dort anzuknüpfen, wo die fünf britischen Millionäre 1991 mit ihrem bis dato härtesten, aber dennoch immer noch melodischen Album "Painkiller" aufgehört hatten. Auch die folgenden Platten waren nicht nur in Europa, sondern auch in Japan und Brasilien recht erfolgreich. 2003 tourten Primal Fear dann auf der "Metal Gods Tour" gemeinsam mit dem (heimlich verehrten) Ex-Judas-Priest-Sänger Rob Halford durch Nordamerika Doch zwei Jahre später kehrte der zu seiner alten Band zurück und lieferte mit "Angel Of Retribution" einen passablen "Painkiller"-Nachfolger ab. Primal Fear war damit quasi die "Geschäftsgrundlage" entzogen.

Das Quintett versucht daher mit seinem neuen Album einen Ausbruch aus der Priest-Schiene. "New Religion" erscheint auch nicht mehr bei der größten deutschen Metal-Firma im schwäbischen Donzdorf, sondern bei Frontiers Records in Neapel, den italienischen Spezialisten für melodischen Hard Rock. Die Platte beginnt mit "Sign Of Fear" und "Face Of Emptiness" zwar wie gewohnt, doch schon das dritte Stück läßt aufhorchen: beim eher getragenen "Every Time It Rains" singt Scheepers im Duett mit der phänomenalen Simone Simons von den holländischen Gotik-Metallern Epica. Der hochmelodische Titel ist der erste Höhepunkt auf dem neuen Album. Der zweite ist das dreiteilige, über neunminütige "Fighting The Darkness" - ein schon fast orchestrales Mammutwerk. Die Gitarrenriffs von Psycho erinnern etwas an die Schweizer Hardrocker Gotthard. Bei der abschließenden sechsminütigen Ballade "The Man (That I Don't Know)" zeigt Scheepers erneut, daß er auch "richtig" singen kann.

Auch in Schweden gibt es zahlreiche Gruppen, die kein Hehl daraus machen, daß sie Kopisten sind. Eine der besseren ihrer Art sind Astral Doors aus dem Provinzstädtchen Borlänge. Schon das erste Album "Of the Son and the Father" ließ keine Zweifel daran, wer die großen Vorbilder sind: Black Sabbath, Rainbow und besonders Dio. Vor allem Sänger Nils Patrik Johansson klingt wie ein Enkel von Ronnie James Dio. Nur Gitarrist Joachim Nordlund hat leider nicht soviel kompositorischen und spielerischen Freiraum wie ein Tony Iommi oder Ritchie Blackmore. Die Gitarrensolos oder Hammondorgelausflüge müssen sich leider immer der Vier-Minuten-Gesamtlänge der Astral-Doors-Lieder unterordnen. Das ist auf der neuesten Astral-Doors-CD "New Revelation" (Locomotive Records) nicht viel anders. Titel wie "Freedom War" oder "Pentecostal Bound" könnten sich auch auf einem Dio-Soloalbum finden. Wem die drei neuen Lieder auf der in diesem Jahr erschienenen Black Sabbath-Retrospektive "The Dio Years" nicht gereicht haben, der kann bei Astral Doors bedenkenlos Nachschub ordern.

Keine Kopie ist hingegen die erste CD "The Darkness" (Locomotive Records) von Dawn Of Solace, einem Doom-/Gotik-Metal-Nebenprojekt des finnischen Gitarristen und Sängers Tuomas Saukkonen, der mit seiner Hauptband Before The Dawn bislang fünf Dark-Metal-Alben herausgebracht hat. Wer an abwechslungsreichen, ausgedehnten Kompositionen mit variablem Gesang interessiert ist und Platten von Anathema, Moonsorrow, Moonspell, My Dying Bride, Opeth, alte Paradise Lost oder Tiamat sein eigen nennt, dem sei das 40minütige Finnen-Opus wärmstens empfohlen.


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