© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/07 19. Oktober 2007

Nachwuchs sorgt für prima Klima
Deutschlandtag: Auf ihrem Jahrestreffen in Berlin will die Junge Union inhaltliche Auseinandersetzungen mit CDU und CSU vermeiden
Tobias Westphal

Die Jugend der CDU und der CSU setzt während ihres Deutschlandtages an diesem Wochenende auf den Zeitgeist. Freundlicher formuliert könnte man sagen, der politische Nachwuchs hat den derzeitigen Trend zum Schutz der Umwelt, speziell des Klimas, erkannt. Zum einen präsentiert sich die CDU-Vorsitzende Angela Merkel als Vorreiterin des Klimaschutzes in Deutschland und macht ihrem Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) Konkurrenz, zum anderen haben in der vergangenen Woche bekanntlich Al Gore und der Weltklimarat der Vereinten Nationen den Friedensnobelpreis bekommen. Somit ist das Motto des Deutschlandtages 2007 populär gewählt: "Handeln. Dem Klima verpflichtet."

Vom 19. bis 21. Oktober 2007 werden sich mehrere hundert Delegierte zum diesjährigen Deutschlandtag der Jungen Union in Berlin versammeln. Als Redner werden neben der Bundeskanzlerin die Unions-Politiker Jürgen Rüttgers, Erwin Huber, Markus Söder und Wolfgang Schäuble erwartet. Der Deutschlandtag ist das höchste beschlußfähige Gremium der Jungen Union Deutschlands, dem gut 300 von den Landesverbänden gewählte stimmberechtigte Delegierte sowie die Mitglieder des Bundesvorstandes und des Deutschlandrates der Jungen Union angehören. Das Treffen findet einmal jährlich statt, vergangenes Jahr wurde der JU-Bundesvorstand mit seinem Vorsitzenden Philipp Mißfelder im Amt bestätigt.

Es scheint, als mangele es der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU mittlerweile an eigenem Profil. Denn wenn die JU auch die Klimapolitik als ihr Leitthema wählt, so springt sie nur auf einen fahrenden Zug auf. Die Junge Union vermeidet es, sich als ein Flügel innerhalb der Mutterparteien zu profilieren.

Dabei wäre es doch nach dem sogenannten "Einstein-Pakt" im Juli dieses Jahres ein einfaches gewesen, über das Konservative in der Union und die Abgrenzung zur SPD zu philosophieren. Zur Erinnerung: Der "Einstein-Pakt" war das Treffen einer Gruppierung jüngerer Unionsführer um Markus Söder (CSU), Stefan Mappus und Stefan Wüst (beide CDU Baden-Württemberg) sowie den JU-Vorsitzenden Mißfelder.

Antrag zum Verbot von Abtreibungen

Auf dem Deutschlandtag 2006 in Wiesbaden bekräftigte Söder als CSU-Generalsekretär noch, daß die Türkei nicht in die Europäische Union gehöre. Frenetischen Applaus und Zuspruch bekam er auch für sein Bekenntnis, daß "in Klassenzimmer ein Kruzifix, aber keine Kopftücher gehören". Der JU-Vorsitzende Mißfelder forderte zudem die Union auf, sich innerhalb der Großen Koalition "stärker von der SPD abzugrenzen". Denn spätestens 2009 müsse mit einer Großen Koalition "auf jeden Fall Schluß sein". Dazu könnte die JU-Spitze nun ihren Teil beitragen.

In der Praxis sieht das jedoch anders aus. Man befaßt sich lieber mit dem Klimaschutz. Die Auseinandersetzung über die Folgen des Klimawandels wolle man jedoch nicht ideologisch, sondern nur mit rationalen Argumenten führen. Dazu hat die JU schon vorab eine Broschüre verfaßt, die den Titel "Umdenken. Für eine nachhaltige Klimapolitik" trägt: "Obwohl nicht gänzlich geklärt ist, in welchem Umfang der Mensch Einfluß auf Phänomene wie die Erderwärmung hat, stellen der Wandel des globalen Klimas und seine Ursachen unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen, die über bloße Umweltpolitik hinausgehen."

Ein bemerkenswerter Beitrag in der Broschüre mit dem Titel "Kann denn Zweifeln Sünde sein?" stammt von dem Publizisten Dirk Maxeiner, der eine wöchentliche Kolumne für die Welt verfaßt. Er prangert an, daß an den Ursachen des Klimawandels zweifelnde Wissenschaftler und Journalisten geächtet werden. Zudem würden diese "Leugner" nach der Stigmatisierung meist zensiert; eine lesenswerte Meinung für die wissenschaftliche und journalistische Freiheit, die sich auf zahlreiche andere Felder übertragen läßt.

Es wird sich zeigen, welche Anträge zum diesjährigen Deutschlandtag behandelt werden. Hatte man doch vergangenes Jahr wegen "der Komplexität und einer grundsätzlichen Überarbeitung des Themas" beschlossen, einen Antrag an den Bundesvorstand zu verweisen. In diesem Antrag hieß es, daß es sich bei Abtreibungen um einen "rechtswidrigen Akt" handele. Man fordere eine "klare Gesetzesregelung, die das ungeborene Leben besser schützt" und "Abtreibungen grundsätzlich verbietet". Es wird sich zeigen, wie konservativ sich die Junge Union dieses Jahr gibt. Kann denn Zweifeln Sünde sein?


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