© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/07 19. Oktober 2007

Johannes B. Kerner: Zwischen Wurstwerbung und Schauprozessen
Ein Eiferer spielt Richter
Victor Gaché

Als Johannes B. Kerner 2005 den der Bestechung beschuldigten Schiedsrichter Robert Hoyzer in seine Sendung einlud, fragte ein Zuschauer auf einer Online-Plattform: "Wer sucht bei Kerner eigentlich die Gäste aus? Die passen ja meistens so was von überhaupt nicht zusammen." Das haben sich auch viele Zuschauer der Sendung mit Eva Herman in der vergangenen Woche gedacht, als Kerner auch noch Margarete Schreinemakers, Senta Berger und Mario Barth eingeladen hatte. Was hatten diese drei Krawallmacher in einer Sendung mit Eva Herman zu suchen? Der Verdacht liegt nahe: Sie waren eingeplant, um Hermans Auftritt platzen zu lassen.

Wer ist Johannes Baptist Kerner (42) eigentlich? Er macht Late Night. Er moderiert "Unsere Besten", den Jahresrückblick und wirkt als Küchenmeister. Er könnte wieder Fußball machen, wenn es drauf ankäme. Und im schlimmsten Fall auch zu Sat.1 zurückgehen, wo er groß geworden ist - aber wer macht das schon, wenn er sich seinen Platz am ARD/ZDF-Futtertrog erkämpft hat? Kurzum: JBK ist eine ZDF-Wunderwaffe im täglichen Quotenkrieg.

Wie Sabine Christiansen oder Harald Schmidt hat Kerner seine eigene Produktionsfirma. Insider behaupten, daß Sender und Moderatoren sich für derlei Konstruktionen entscheiden, wenn sie die Finanzen nicht offenlegen wollen. Das Moderatoren-Honorar, für das die GEZ-Zahler aufkommen, wird so zum gutbehüteten Geheimnis.

Egal, wieviel Kerner mit seinem Job verdient - als netter Schwiegersohn ist er auch für die deutsche Werbeindustrie interessant. Zwar hat es mit dem Studienabschluß als Betriebswirt nicht geklappt, aber dafür verdient seine Frau Britta Becker heute mit: Im Gutfried-Werbespot tritt sie zusammen mit ihm auf. Immer mehr Deutsche denken deswegen, sobald seine Sendung beginnt, nur noch an Geflügelfleisch, meinte Starkolumnist Zippert mal in der Welt. Auch für Air Berlin wirbt der gebürtige Rheinländer. Mit dem Unternehmenschef soll er zudem befreundet sein. Immerhin hat er ihn schon zweimal in seine Sendung eingeladen. "Bei Aktien setze ich nur auf Sieger", verkündete der Katholik die frohe Botschaft vom Unternehmenserfolg der Fluggesellschaft. Mangels Nachfrage mußte inzwischen der Börsengang verschoben und die Preisspanne gesenkt werden.

Gäste hart angehen, wenn das Todesurteil bereits gefällt wurde

Kerner hat noch andere Werbeverträge hinter sich und redet gerne selbstbewußt über seinen "Marktwert". Laut fernsehserien.de prahlte er: "Wissen Sie, wieviel Geld ich verdiene? Es ist unglaublich, wieviel Geld ich mit diesem Image machen kann. Besser geht's nicht. Ich habe alles richtig gemacht!"

Kerner verdankt seinen Quotenerfolg übrigens nicht zuletzt der Bild, die seine Sendung einer neuen Studie zufolge besonders oft auf ihrer Titelseite als "TV Tip" anpreist. Zehn Jahre ist er jetzt schon bald auf Sendung. 2002 machte er den größten Mißgriff vor seinem Eva-Herman-Interview: Kerner interviewte nach dem Amoklauf von Erfurt einen 11jährigen Zeugen, was ihm Kritik einbrachte. Harald Schmidt weigerte sich hinterher, mit Kerner zusammen aufzutreten. Wohlgemerkt, das war lange vor seinem eigenen Wechsel zurück zum Staatsfernsehen, zurück zu den Fleischtöpfen.

Die Kerner-Sendung mit Robert Hoyzer lief übrigens so ähnlich ab wie die mit Eva Herman. Der eher linke Berliner Verleger Klaus Bittermann reüssierte dazu im Anschluß verbittert: "Dank Johannes B. Kerner hat man nun auch im demokratischen Deutschland einen zum Richter sich aufspielenden Eiferer, der den Begriff Schauprozeß nicht länger einem totalitären System überläßt. Kerner dachte offensichtlich, was Roland Freisler kann, kann ich schon lange. Seit ein paar läppische Fehlpfiffe auf dem Fußballfeld gegen Bezahlung die Nation erschüttern, in Spielen zudem, die vorher kein Schwein interessiert haben, ist Betrug nicht einfach mehr Betrug, sondern ein Kapitalverbrechen. Kerner lud Robert Hoyzer in seine gleichnamige Schlachtbank-Sendung und machte ihm den Schauprozeß."

Das Verhaltensmuster ist typisch: Leute vom JBK-Format trauen sich nur dann, Gäste hart anzugehen, wenn das Todesurteil über sie längst gefällt wurde. Wenn sie keine Rückendeckung mehr zu erwarten haben. Ergo war sich Kerner wohl auch bei Eva Herman sicher, daß es "ungefähr soviel Mut erfordern würde, diese Frau final vorzuführen, wie eine angepflockte Antilope mit der Pumpgun zu erlegen" (Michael Klonovsky im Focus). Und Eva Herman? Die ehemalige Tagesschau-Sprecherin schlug in der Bild zurück: "Nein, ich bin ihm nicht böse. Ich glaube, daß ihm die Situation entglitten ist", erklärte sie exklusiv: "Ich glaube, er war einfach überfordert."


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