© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/07 30. November 2007

Aufgeschnappt
Imagewerbung für Afrika
Matthias Bäkermann

Die Szene ist ernüchternd. Aus der Telefonzelle eines tristen schweizerischen Industriegebietes telefoniert der frierende Christian mit seinem Vater in Nigeria. Er schildert, wie er auf regennassen Straßen um sein Überleben betteln und ständig vor der Polizei fliehen muß, während der Vater im behaglichen Wohnzimmer über die erfolgreichen Schulabschlüsse der daheimgebliebenen Geschwister informiert. Zu sehen war diese "Werbung" in der Halbzeitpause des Fußballspiels Schweiz gegen Nigeria am 20. November, das von Millionen Nigerianern am Fernsehgerät verfolgt wurde. "Glaubt nicht alles, was ihr hört", klärt der Spot über ein Leben im vermeintlichen eidgenössischen Paradies am Ende auf.

Finanzier der etwas ungewöhnlichen Image-Kampagne ist das schweizerische Bundesamt für Migration. Dessen Direktor Eduard Gnesa hatte höchstselbst die Idee zu der Propaganda-Offensive, zu der auch gleichlautende Radiobotschaften und überall in Nigeria und den Nachbarländern verteilte Flugblätter mit Abschreckbotschaften gehören. Dem Massenblatt Blick begründete Gnesa den Zweck: "Wir haben die Verpflichtung, diesen Menschen aufzuzeigen, was eine Flucht für sie für Folgen haben kann", da es in der Schweiz für Wirtschaftsflüchtlinge außer Abschiebung oder Illegalität keine Perspektive gebe. Natürlich seien freilich auch Einsparungen im Asylbereich die Absicht. Die Blick-Leser scheinen dieser Logik zu folgen. So stimmten 83 Prozent zu, daß "der Bund (die Schweiz) Afrikaner abschrecken soll". Auch die Europäische Union hat ihr Interesse bereits durch die Finanzierung eines ähnlichen Konzepts für Kamerun bekundet.


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