© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/07 07. Dezember 2007

Austritt ohne Distanzierung
SPD: Die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel will die linksextremistische "Rote Hilfe" verlassen / Recherchen der "JUNGEN FREIHEIT"
Felix Krautkrämer

Die Nutzer des linken Internetportals Indymedia fluchen. Die  linksextreme Vereinigung Rote Hilfe spricht von einer "grotesken Kampagne", und die SPD-Internetseite "Endstation rechts" jammert ob der durch die neue Internetpräsenz gesteigerten Kampagnenfähigkeit der JUNGEN FREIHEIT.

Grund für die Verstimmung ist die Ankündigung der frischgewählten Vorsitzenden der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos, Franziska Drohsel, sie werde aus der Roten Hilfe austreten. Der Entscheidung vorausgegangen war heftige Kritik von Unionspolitikern, aber auch von Parteifreunden an Drohsels Mitgliedschaft in der linksextremen Organisation.

Angefangen hatte alles am vorvergangenen Montag. Drohsel war gerade vom Bundeskongreß der Jungsozialisten mit 76 Prozent zur neuen Bundesvorsitzenden gewählt worden, da berichtete die JF auf ihrer Internetseite, daß die 27jährige Mitglied in der vom Verfassungsschutz beobachteten Rote Hilfe ist. Diese kümmert sich vor allem um die juristische und finanzielle Unterstützung von Straftätern aus dem linken, zumeist linksextremen Spektrum. Zudem ruft sie zur Solidarität mit inhaftierten Linksextremisten aus dem In- und Ausland auf, darunter auch die noch in Haft befindlichen Angehörigen der RAF.

Des weiteren wurde bekannt, daß Drohsel beste Kontakte zur DKP-nahen "Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVN-BdA) unterhält, die ihrerseits offen mit gewaltbereiten "Autonomen" zusammenarbeitet. Dabei besteht seit 1948 ein Unvereinbarkeitsbeschluß zwischen einer SPD-Mitgliedschaft und einer Mitgliedschaft im VVN.

Am Mittwoch fragte die linke Tageszeitung Junge Welt Drohsel, wie sie zu den Vorwürfen der JF stehe. Doch die interessierten die Vorwürfe "herzlich wenig". Sie sei "Mitglied der Roten Hilfe" und habe in ihrer "Tätigkeit als Berliner Juso-Vorsitzende auch gerne und erfolgreich mit der VVN-BdA zusammengearbeitet". Zu diesen Verbindungen stehe sie.

Dies provozierte den Landesvorsitzenden der Hamburger Jusos, Philipp-Sebastian Kühn, gegenüber der Welt zu der Aussage: "Entweder Frau Drohsel tritt aus dem Verein aus, oder sie muß zurücktreten." Auch die Extremismus-Expertin der CDU/CSU Bundestagsfraktion, Kristina Köhler, warnte die Jusos, sie hätten eine Aktivistin einer linksextremen Organisation zur Vorsitzenden gewählt. An die Adresse des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck mahnte sie, er müsse "die Geister, die er aus Angst vor der Linkspartei rief, langsam wieder einfangen".

Am Freitag forderte dann der stellvertretende Unionsfraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU) eine Stellungnahme Becks zum Fall Drohsel. "Man stelle sich einmal vor, Philipp Mißfelder, der Vorsitzende der Jungen Union, wäre Mitglied in einem rechtsradikalen Verein. Es würde zu Recht einen Aufschrei von Flensburg bis Mittenwald geben", sagte Bosbach der Bild-Zeitung.

Die Junge Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion forderte zusätzlich Drohsels Rücktritt. "Die Juso-Vorsitzende ist Aktivistin einer linksextremen Organisation, die die RAF-Morde verharmlost und vom Verfassungsschutz beobachtet wird. So jemand kann nicht Vorsitzende der sozialdemokratischen Jugendorganisation sein", sagte der Vorsitzende der Jungen Gruppe, Marco Wanderwitz (CDU). Auch Köhler legte noch einmal nach und erklärte: "Frau Drohsel hat sich nicht von der Roten Hilfe distanziert, sie muß zurücktreten. Zugleich muß die SPD die Unvereinbarkeit zwischen einer SPD-Mitgliedschaft und einer Mitgliedschaft in der Roten Hilfe erklären."

Am Samstag gab Drohsel schließlich dem Druck nach und kündigte gegenüber dem Spiegel ihren Austritt aus der Roten Hilfe an. Allerdings nicht wegen der verfassungsfeindlichen und extremistischen Positionen, welche die Rote Hilfe vertritt. Vielmehr hätte ihr die Diskussion der vergangenen Tage gezeigt, "daß die Jusos nicht aufgrund ihrer politischen Positionen, sondern wegen meiner privaten Mitgliedschaft bei der Roten Hilfe wahrgenommen" würden, so Drohsel. CSU-Generalsekretärin Christine Harderthauer, der dies nicht ausreichte, betonte daher am gleichen Tag: "Frau Drohsel tritt ganz offensichtlich nur aus, um ihren Posten als Juso-Vorsitzende nicht zu verlieren."

Anfang der Woche verteidigte Drohsel in der taz nochmals das "Grundanliegen der Roten Hilfe". Die Kritik aus der CDU bezeichnete sie dagegen als Schlammschlacht "Hand in Hand mit Rechtsaußen".

Derweil haben sich zahlreiche Jusos, darunter ein Unterverband im niedersächsischen Holzminden, mit der Roten Hilfe solidarisch erklärt. Auf einer eigens eingerichteten Internetseite rufen sie dazu auf, die Rote Hilfe zu unterstützen. Man wolle "ein deutliches Zeichen setzen gegen die Hetze der Konservativen, die die Solidarität unter Linken mit Terrorismus gleichsetzen wollen".

Weitere Meldungen zum Thema unter Nachrichten auf www.jungefreiheit.de

Foto: Drohsel mit Parteichef Kurt Beck und Vorgänger Björn Böhning: Der SPD-Vorsitzende schweigt


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