© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/07 07. Dezember 2007

Frisch gepresst

Abtreibungen. Es gibt Tausende unüberwindbar scheinende Gründe, warum eine Frau meint, ein Kind nicht austragen zu können: ihr Alter, die Familie, das fehlende Geld oder Ausbildung, die Nachbarn, der Partner oder die berufliche Situation. So scheint eine Abtreibung in vielen Fällen die einfachere Lösung zu sein. Daß aber viele Frauen ihren Schwangerschaftsabbruch im nachhinein nicht bewältigen, wegen der Kappung bereits bestehender, bewußt oder unbewußt wahrgenommener seelischer Verbindungen der Mutter zum werdenden Kind unter Depressionen mit Weinkrämpfen bis hin zu Selbstmordgedanken leiden - "das wollten viele in der heutigen Gesellschaft nicht wahrhaben", schreibt Detlev Katzwinkel. Der Chefarzt der Gynäkologie im St.-Martinus-Krankenhaus in Langenfeld stellt zahlreiche Erfahrungsberichte, Fakten und Informationen über das gern verheimlichte, Anfang der achtziger Jahre vom amerikanischen Psychotherapeuten Vincent Rue entdeckte "Post-Abortion-Syndrom" zusammen und listet Beratungsmöglichkeiten für betroffene Frauen auf (Das Kind, das ich nie geboren habe: Was nach einer Abtreibung geschehen kann. R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 2007, broschiert, 108 Seiten, 9,95 Euro).

 

Angeliter. Biographische Lexika unterhalb der "Nationalbiographie" sind eine Markenzeichen deutscher Geschichtskultur. Bayern und Westfalen, Schwaben und Franken, seit 1989 auch wieder Sachsen und Brandenburger können auf solche Personallexika zurückgreifen. In Schleswig-Holstein ist im letzten Jahr der zwölfte Band eines Großunternehmens herausgekommen (JF 50/06), das vielleicht erst um 2020 vollendet wird. Auf solche Zeitplanungen mochte sich Berthold Hamer offenbar nicht einlassen. Im Alleingang legt er daher nun eine einzigartige, weil nicht auf eine Provinz oder ein Bundesland, sondern erstmals auf eine Region - die zwischen Flensburg, Schlei und Ostsee gelegene Landschaft Angeln - konzentrierte Kollektivbiographie vor. Quellenbedingt sind das 19. und 20. Jahrhundert am stärksten vertreten, mitunter mit über Angeln hinaus bekannter zweifelhafter (Beate Uhse) oder "umstrittener" Prominenz wie dem Fallschirmjäger-General und Brillantenträger Bernhard Ramcke. Dazu gehören selbstverständlich auch Abkömmlinge des Hauses Glücksburg, der Wiege von Europas Monarchien. Historisch noch interessanter ist aber die Masse der "Leistungsträger" von "nur" regionaler Bedeutung, 400 Kommunalpolitiker, Pastoren, Offiziere, Schriftsteller, Ärzte und anderer lokaler Honoratioren - das Rückgrat jeder sozialen Ordnung (Biographien der Landschaft Angeln. Personenlexikon. 2 Bände, Husum Verlag, Husum 2007, gebunden, 872 Seiten, Abbildungen, 59,95 Euro).


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