© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/07 14. Dezember 2007

Die Heimat im Blick
Parteien: Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche will 2008 wieder politisch mitmischen
Marcus Schmidt

An diesem Sonnabend feiert der parteilose Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche Jubiläum. Genau ein Jahr liegt dann sein Austritt aus der CDU zurück. Seitdem vertritt er den sächsischen Wahlkreis Kamenz/Hoyerswerda/Großenhain als parteiloser Abgeordneter.

Dem Austritt vorausgegangen war ein parteiinterner und vom politischen Gegner eifrig befeuerter Streit um Äußerungen Nitzsches zur ehemaligen rot-grünen Bundesregierung. Er hatte auf einer Parteiveranstaltung den deutschen "Schuldkult" kritisiert und die rot-grüne Regierung als "Multikulti-Schwuchteln" bezeichnet (JF 50/06). Schon zuvor war der konservative Bundestagsabgeordnete mehrfach mit seiner Partei aneinander geraten, weil er immer wieder mit provozierenden Äußerungen aufgefallen war. Der Parteiaustritt war, da ist sich Nitzsche auch nach einem Jahr noch  sicher, daher längst überfällig. Heimisch  hatte er sich in der Partei sowieso nicht mehr gefühlt.

Das abgelaufene Jahr hat Nitzsche - befreit von jeglicher Parteipolitik - dazu genutzt, seine politische Optionen zu prüfen. Daneben blieb dem gläubigen Christen noch Zeit, den Aufbau einer evangelischen Mittelschule in Oßling zu unterstützen.

Doch Nitzsche läßt keinen Zweifel daran, daß er im kommenden Jahr wieder politisch mitmischen will. "Ich bin nicht aus der CDU ausgetreten, um denen das Feld zu überlassen", sagt er. Gelegenheiten gibt es mehrere. 2008 stehen in Nitzsches Wahlkreis Kreistagswahlen an, und auch die Landratsposten werden neu verteilt. Zunächst gilt es aber die für Januar erwartete Entscheidung über die Kreisreform in Sachsen abzuwarten, bei der die Karten neu gemischt werden.Parteipolitisch hat sich das ehemalige CDU-Mitglied trotz allen Werbens aber nicht festgelegt. "Ich habe gar nicht gewußt, wie viele Parteien es in Deutschland gibt", berichtet er von seinen Erfahrungen mit so fast jeder rechten oder konservativen Partei in Deutschland. Ganz überzeugt hat ihn keine. Gut möglich also, daß Nitzsche auf eigene Faust versuchen wird, weiterhin politischen Einfluß auf seine Heimat, die sächsische Lausitz, zu nehmen. Denn soviel steht für Nitzsche fest: Nur hier lohnt es sich für ihn, den Hut in den Ring zu werfen. Alle Spekulationen über einen Antritt bei Bundes- oder Europawahlen sind für ihn bestenfalls Zukunftsmusik.

Wie auch immer Nitzsche sich entscheiden wird: Die Unterstützung des ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann ist ihm sicher. In der vergangenen Woche trafen sich die beiden konservativen Politiker in Nitzsches Berliner Abgeordnetenbüro, um weitere Schritte abzusprechen.

Zu dem Treffen hatte Nitzsche auch eine Reihe ehemaliger CDU-Mitglieder aus seiner Heimat geladen. Der Großteil der rund 50 Gäste war aus Solidarität zu Nitzsche ebenfalls aus der CDU ausgetreten, als dieser die Partei verließ. Darunter mehrere Vorstandsmitglieder verschiedener CDU-Kreisverbände. Und die waren nun begierig darauf, zu erfahren, welches politische Projekt ihr Bundestagsabgeordneter für die Zukunft plant. Die Frage nach einer neuen politischen Plattform wurde laut.

"Daß wir heute so zusammen sind, ist kein Zufall", sagte Nitzsche daher auch. Alle Anwesenden seien Personen, die er lange kenne und denen er Vertrauen schenke. "Der liebe Gott schenkt uns nächstes Jahr eine Kreistagswahl und eine Landratswahl, und Politiker schöpfen ihre Legitimation aus Wahlen", sagte Nitzsche. Er übernehme gerne regionale Verantwortung. Und wenn die Sache gelänge, wäre der nächste Schritt, sie sachsenweit bekannt zu machen. "Wenn etwas kommt, muß es von unten kommen und kann nicht importiert werden." Nun müsse man die Adventszeit nutzen, um Kraft zu sammeln. "Dann wollen wir die Geburt Christi feiern, und danach werden die Ärmel hochgekrempelt und es geht an die Arbeit."

Auch Martin Hohmann zeigte sich zuversichtlich. "Wenn ich höre, daß Henry auf heimatlicher Ebene aufbauen will, hat er meine volle Unterstützung. Wenn wir mehr so direkte Politiker hätten wie ihn, gäbe es weniger Politikverdrossenheit", sagte Hohmann. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete  räumt Nitzsches Plänen durchaus Chancen ein. "Wir verstehen uns nicht als Politiker, sondern als Volksvertreter. Und wir kennen das Volk." Und darin liege die Stärke eines Projektes, wie Nitzsche es plane.

Foto: Hohmann (l.) und Nitzsche im Bundestag : "Kein Zufall"


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