© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/07 14. Dezember 2007

CD: Metal
Nachschub
Jörg Fischer

In den Achtzigern und frühen Neunzigern dominierten britische und US-Gruppen den Markt der harten, aber dennoch melodischen gitarrendominierten Rockmusik. Bon Jovi, Iron Maiden oder Metallica wurden damals zu Millionenunternehmen. Heute kommt aus dem angelsächsischen Raum diesbezüglich kaum noch Hörenswertes - die großen Firmen geben lieber der xten Britpop-, hiphoppigen Nu-Metal- oder Metalcore-Kapelle einen Vertrag.

Wer nach neuem Hardrock und Metal im Stil der damaligen Zeit sucht, wird daher inzwischen eher außerhalb der rockmusikalischen Ursprungsländer fündig. Etwa bei Seven Tears, fünf in Schweden ansässigen Jünglingen, die auf ihrem Debütalbum "In Every Frozen Tear" (Frontiers Records) völlig zeitgeistfreien Nachschub liefern. Die eingängige Stimme von Sänger Zoran Đorem dürfte Freunden von Foreigner und Journey zusagen, musikalisch geht es hingegen etwas härter zu. Die zwölf zwischen vier und sechs Minuten langen Stücke sind dennoch abwechslungsreich und erinnern teilweise an Kamelot und sogar an Dream Theater. Sie lassen auch Gitarrist Jonathan Carlemar, der sich an Vorbildern wie Steve Vai, Yngwie Malmsteen oder Steve Morse orientiert, manchen Raum zur Entfaltung. Ebenso Hintergrundsänger Kristofer von Wachenfeldt, der mit seinen Tasteninstrumenten der  Seven-Tears-Musik eine Prise Asia und Genesis beimischt.

Ganz eindeutig am großen Vorbild Malmsteen orientiert sich The Codex, ein neues Projekt des schwedischen Gitarristen Magnus Karlsson. Der an der Malmöer Musikhochschule klassisch ausgebildete 34jährige hat mit seinen bisherigen Bands Midnight Sun und Last Tribe schon einige CDs veröffentlicht. Vor drei Jahren verantwortete Karlsson die Gitarrenspuren auf dem gemeinsamen Album des norwegischen Sängers Jørn Lande (Ex-Masterplan) und seines US-Pendants Russell Allen (Symphony X). Auf The Codex (Frontiers Records) ist nun eine ebenfalls eine der besseren Stimmen des melodischen Metal zu hören: Mark Boals. Der US-Amerikaner, der schon auf vier Malmsteen-CDs sang, macht das neue Karlsson-Album zu einem zeitlosen Genreklassiker, der nostalgische Gefühle aufkommen läßt.

Ebenfalls auf ausländische Unterstützung setzen seit ihrem siebten Album die deutschen Hardrocker Jaded Heart. Und so prägt auch auf "Sinister Mind" (Frontiers Records) erneut der 35jährige Schwede Johan Fahlberg die insgesamt zwölf Titel, ohne seinen Landsmann, den neuen Gitarristen Peter Östros, in den Hintergrund zu drängen. 1990 von den Gebrüdern Michael und Dirk Bormann gegründet, orientierte sich das Quintett an Vorbildern wie Bon Jovi oder den deutschen Bonfire. Auch wenn die Bandgründer längst nicht mehr dabei sind, blieben Jaded Heart ihrem Stil treu. Ihr neue, von den Ex-Bonfire-Musikern Chris Lausmann und Michael Voss mitproduzierte CD dürfte nicht nur der treuen Jaded-Heart-Fangemeinde in Deutschland und Japan gefallen.

Beim ersten Hören weit weniger eingängig ist das inzwischen dritte Album des französischen Metalfünfers Kragens. Die Klavier-, Violin- und Gitarrenklänge am Anfang des Titels "Deaf And Blind" lassen zunächst Sentended- oder Him-Jünger aufhorchen - doch nach anderthalb Minuten kommt das heftige Erwachen: Auf "Infight" (Locomotive Records) leben die 15 bis 20 Jahre alten Großtaten von Judas Priest, Metallica, Sanctuary/Nevermore oder Overkill wieder auf - aber alles in einem durchaus modernen Klanggewand. Selbst Anleihen bei Queensrÿche lassen sich heraushören. Nur mit Iron Maiden (wie ihre spanische Plattenfirma behauptet) haben Kragens nun wirklich nichts zu tun. Das sollte Freunde der Briten aber keineswegs von einem Kauf abschrecken.


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