© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/07 14. Dezember 2007

Meldungen

Kampf gegen Arztpfusch:Frankfurter Lernsystem

FRANKFURT/M. Der vermutlich fahrlässig verursachte Tod eines Säuglings im Essener Klinikum war den RTL-Nachrichten vom 17. November Anlaß, die monströse Zahl von 17.000 Toten zu nennen, die jährlich Opfer von "Ärztepfusch" würden. Ob wirklich jedes Jahr eine mittelgroße Stadt durch die Unfähigkeit der Weißkittel ausgelöscht wird, ist statistisch allerdings nicht erwiesen. Trotzdem sind Behandlungen mit letalem oder deformierendem "Erfolg" aber so häufig, daß am Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt sich ein Ärzteteam unter Ferdinand Gerlach eigens mit "Fehlerforschung" befassen muß, zumal "Kunstfehlern zunehmende Aufmerksamkeit" geschenkt werde (Forschung Frankfurt, 1/07). "Schätzungen zufolge" sei jeder zehnte Patient in deutschen Krankenhäusern "von unerwünschten Ereignissen betroffen". Über die Schäden bei der hausärztlichen Versorgung gebe es nicht einmal eine ungefähre Vorstellung. Um hier gegenzusteuern, richtete Gerlach 2004 ein "Fehlerberichts- und Lernsystem für Hausärzte" ein (www.jeder-fehler-zaehlt.de). Da für jedermann zugänglich, habe es in der Ärzteschaft Befürchtungen ausgelöst, über "mitlesende Patienten" könne der freimütige, wenn auch anonymisierte kollegiale Austausch in der Fehlerdatei eher dazu beitragen, das Ansehen des "Ärztestandes" noch weiter herabzusetzen.

 

Hochschulen: Unter McKinseys Diktat

STUTTGART. Obwohl 4.000 Ärzte sowie "die Presse von konservativ bis liberal" sich im vorigen Jahr für den Erhalt des 1973 gegründeten Instituts für Sexualwissenschaft eingesetzt hätten, habe man es als selbständige Einrichtung beseitigt. In seinem "Protokoll" dieser "Abwicklung" macht der langjährige Institutsleiter, der Sozialmediziner Volkmar Sigusch, dafür die "Ökonomisierung der Medizin" verantwortlich, die jenen Kräften in den Aufsichtsgremien der Frankfurter Universität zugute komme, die - wie Hilmar Kopper, der Ex-Chef der Deutschen Bank, und McKinsey-Direktor Sönke Bästlein - es ohnehin darauf abgesehen hätten, wirtschaftlich "nutzlose" Forschung "einzusparen" (Zeitschrift für Sexualforschung, 3/07). Sigusch will das Ende seines Instituts nur als Symptom für die Triumphe sehen, die der Kapitalismus als "Alltags- und Staatsreligion" derzeit in der deutschen Hochschulpolitik feiere. Auf wissenschaftliche Disziplinen als "Medien der Selbstreflexion" könne diese "Religion" verzichten. In der Medizin profitierten davon die "bornierten Körpermediziner", die meinen, sexuelle Störungen ohne Reflexion der seelischen, kulturellen und gesellschaftlichen Umstände erforschen und behandeln zu können.

 

Erste Sätze

Hans wurde das Warten zu langweilig.

Frido Lampe: Am Rande der Nacht, Berlin 1934l


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