© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/08 11. Januar 2008

Koalitionskrach
De facto zerbrochen
von Paul Rosen

Die Stimmung in der Großen Koalition entspricht der Jahreszeit. Sie ist winterlich kalt. Die bevorstehenden Landtagswahlen haben bei Union und SPD Beißreflexe ausgelöst. Inhaltlich geht es eigentlich um nichts. Die von der SPD geforderten Mindestlöhne sind auf den Weg gebracht. Nach der Postbranche dürfen Wetten angenommen werden, daß die fleischverarbeitenden Betriebe die nächsten Kandidaten sind - egal, wie sich die CDU aufregt oder nicht. Andererseits darf man sicher sein, daß die vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch geforderten härteren Strafen für Jugendliche am Abend der Landtagswahl in Hessen zu den Akten gelegt werden. Die Unions-Einpeitscher, egal ob Ronald Pofalla in der Berliner Parteizentrale oder Peter Ramsauer in Wildbad Kreuth, werden von Amnesie befallen.

Dennoch kann man zwei Lehren aus den Debatten dieser Tage ziehen: Die Große Koalition ist de facto zerbrochen. Was Union und SPD noch zusammenhält, ist der Klebstoff an den Sesseln der Macht. Da es derzeit keine Alternativen gibt und selbst die CDU angesichts schlechter Umfragewerte in Hessen und Hamburg keine Neuwahlen will, liegt diese Regierung weiter wie eine Bleiplatte über Deutschland. Zweitens zeigt die Diskussion die ganze Erbärmlichkeit der Union, die zwar verbal immer wieder mal kräftig zulangt, als stärkste Regierungskraft in der konkreten Politik aber komplett versagt hat.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen