© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/08 11. Januar 2008

Bürgerkrieg in Kenia
Notfalls mit Gewalt
von Martin Schmidt

Man kann den Bürgerkrieg in Kenia verschieden interpretieren. Zunächst läßt sich sein Anlaß untersuchen: die umstrittene Wiederwahl von Staatspräsident Mwai Kibaki, die zu mehrtägigen schweren Unruhen mit Hunderten von Toten und 100.000 Vertriebenen führte. Vieles spricht dafür, daß es tatsächlich eine Fälschung zuungunsten des Oppositionsführers Raila Odinga war, die im westkenianischen Siedlungsgebiet seines Luo-Stammes schlimmste Gewalttätigkeiten auslöste. Letztlich dürfte der Führer der Oppositionsbewegung Orange Democratic Movement Kenia aber auch nicht besser regieren als der mit dem Symbol der Banane assoziierte Amtsinhaber.

Eine zweite Lesart ist tiefgreifender und beruht auf den ethno-kulturellen Ursachen. In dem seit Dezember 1963 unabhängigen Kenia mit seinen 36 Millionen Einwohnern haben die Stammesloyalitäten eine ungebrochene Bedeutung. Mehr als 40 Ethnien gibt es. Speziell die Luo (13 Prozent) und die Luhya (12 Prozent) gelten als arm und vernachlässigt und fühlen sich zusammen mit den Kalenjin (zwölf Prozent) gegenüber den wirtschaftlich dominanten Kikuyu (22 Prozent) benachteiligt. Nun hoffen sie darauf, daß Odinga die Verhältnisse umkehrt und Kibakis korrupten Beraterstab aus ethnischen Kikuyu, die sogenannte "Mount-Kenya-Mafia", beseitigt - notfalls mit Gewalt.

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