© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/08 11. Januar 2008

Hort gewaltbereiter Linksextremisten
Leipzig: Wiederholt Ausschreitungen im Stadtteil Connewitz / Verständnis bei Linkspartei und Grünen / Warnung vor "überzogener Hysterie"
Ekkehard Schultz

Wie in den vergangenen Jahren ist es zur Jahreswende im Leipziger Stadtteil Connewitz zu schweren Ausschreitungen von linksextremistischen Gewalttätern gekommen. Wenige Minuten nach Mitternacht begannen die Extremisten, aus einer Gruppe von rund 350 Jugendlichen heraus Polizisten mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern zu bewerfen und Barrikaden zu errichten.

Um die Krawalle einzudämmen, waren 380 Polizisten im Einsatz. Erst gegen drei Uhr waren die Ausschreitungen beendet. Dabei trugen 46 Polizisten leichte Verletzungen davon. 35 Randalierer im Alter zwischen 17 und 32 Jahren wurden vorübergehend festgenommen oder in Gewahrsam genommen und rund 100 Platzverweise erteilt.

Schon vor über 15 Jahren begann die Serie der Gewalt im Leipziger Süden. Doch die  Aufmerksamkeit der lokalen Medien richtete sich erst zum Jahreswechsel 1998/99 darauf, als ein Schaden von mehr als 100.000 Mark entstand und mehrere Polizisten schwer verletzt wurden. Seitdem hält sich die Gewalttätigkeit weiter auf einem hohen Niveau, besonders schwer waren die Ausschreitungen zum Jahreswechsel 2004/2005.

Einer größeren Konzentration der Beamten an bestimmten Brennpunkten der Vorjahre versuchten die Täter durch ein Ausweichen in andere Stadtbezirke zu begegnen. Dort konnten sie allerdings keinerlei annähernd vergleichbare Wirkungen erzielen, und so verlagerten sie ihre Aktivitäten schnell wieder an die traditionellen Schauplätze.  

Im Anschluß an die Exzesse wurde aus den Reihen der linksextremen Szene regelmäßig die Forderung erhoben, Connewitz - vor 1989 als Treffpunkt einer DDR-kritischen Künstlerszene bekannt - zur "bullenfreien Zone" zu machen, wie es auf der linksextremistischen Internetplattform Indymedia hieß. Denn den "Glasbruch" und die "Scherbenhaufen" könnten diese "sowieso nicht verhindern".

Obwohl viele Bewohner des Stadtteils kein Verständnis für diese Exzesse haben und dies unter anderem in Briefen an die Leipziger Volkszeitung zum Ausdruck gebracht haben, erhalten die Extremisten immer wieder deutliche Zeichen der Sympathie aus den Reihen von Linkspartei und Grünen. So verwies die Linkspartei in einer Lokalstudie auf die "mangelhaften Zukunftschancen" vieler Jugendlicher in diesem Wohnumfeld. Diese fehlenden Perspektiven wie auch Arbeitslosigkeit der Eltern und selbst erlebte Gewalt und Ohnmacht könnten sich in dieser Form "ein Ventil" suchen.

Die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (Grüne), die in Connewitz ihr Bürgerbüro hat, betonte mehrfach, daß sie "Schreckensbilder vom Linksextremismus" für "überzogene Hysterie" halte - so wörtlich bei einer Debatte zur Schwerpunktsetzung bei der Bekämpfung extremistischer Bestrebungen.

Dabei ist die Connewitzer Linksextremistenszene keineswegs nur zum Jahreswechsel regelmäßig aktiv. So fiel sie immer wieder durch Gewaltexzesse im Zusammenhang mit NPD-Demonstrationen sowie der Leipziger Maiparade  auf, die Christian Worch seit 2001 in der sächsischen Messestadt organisiert. Im Gegensatz zu vielen Gegendemonstranten, die den ausschließlichen Einsatz von friedlichen Mitteln befürworteten, richteten sich die Ausschreitungen der Linksextremisten vor allem gegen die Polizei, die auch hier regelmäßig zahlreiche Verletzte zu beklagen hatte. Die extreme Militanz der dortigen Szene manifestierte sich bereits im Frühjahr 1992 in einem brutalen Überfall auf ein Lokal, in das die JUNGE FREIHEIT anläßlich der Buchmesse zu einem Lesertreff eingeladen hatte.  

Wie die Silvesterausschreitungen wurden auch diese Gewalttaten mehrfach von Linkspartei und Grünen verharmlost. So sagte Lazar unter anderem, daß "zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen Rechts" prinzipiell "begrüßt" werden solle. "Neonazis" müßten "offensiv in die Schwanken verwiesen" werden. Auch wenn dabei das Prinzip der Gewaltfreiheit zu beachten sei, müsse doch bei der Beurteilung dieser Taten beachtet werden, daß diese keineswegs eine solche Gefahr für das Leben von Menschen darstellten "wie die rassistische Gewalt von Rechtsextremisten" und daher "mit dieser auch nicht vergleichbar" seien.

Von der sächsischen Polizei wird die Connewitzer "Autonomenszene" als eine der größten Ansammlungen gewaltbereiter Personen in ganz Deutschland eingestuft. Ihre Militanz ist auch überregional gefürchtet, da Personen aus ihrem Umfeld nicht nur im gesamten Freistaat, sondern mehrfach auch in Berlin und Sachsen-Anhalt an Demonstrationen teilnahmen, die mit Exzessen endeten. Nicht zuletzt aus diesem Grund nehmen die Beamten der Bereitschaftspolizei des Freistaates hinsichtlich ihrer Einsatzbelastung einen deutschlandweiten Spitzenplatz ein.

Auffällig bleibt, daß dennoch über die linksextreme Gewalt in Leipzig-Connewitz in vielen Jahren lediglich in der örtlichen Presse berichtet wurde. So brachte etwa der in Sachsen tonangebende Mitteldeutsche Rundfunk über die neuerlichen Ausschreitungen zum Jahreswechsel nur eine Kurzmeldung heraus.

Foto: Polizisten gehen gegen linke Demonstranten vor: Forderung nach einer "bullenfreien Zone"

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen