© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/08 11. Januar 2008

Kommunalpolitiker droht Berufsverbot
Sachsen-Anhalt: Wirtschaftsminister Reiner Haseloff will einem Schornsteinfeger wegen des Vorwurfs des Rechtsextremismus das Kehrmonopol entziehen
Peter Freitag

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt will einem Schornsteinfegermeister den Kehrbezirk entziehen, da dieser Mitglied der NPD-Fraktion im Kreistag Burgenlandkreis ist. Man wolle damit ganz bewußt einen "Präzedenzfall" schaffen, begründete der zuständige Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) sein Vorgehen.

Seiner Meinung nach stehe wegen des Kehrmonopols der Bezirksschornsteinfeger in einem dem Beamtenstatus ähnlichen Treueverhältnis zum Staat, weswegen ein rechtsextremes Engagement ausgeschlossen sein müsse. "Er hat als Schornsteinfeger vom Staat ein Monopol für seinen Beruf bekommen. Er kann sich überall Zugang verschaffen, kein Bürger kann sagen, ich lasse keinen Rechtsextremisten rein. Das darf nicht sein", zitiert die Mitteldeutsche Zeitung den Minister.

Für den seit 1987 als Bezirksschornsteinfegermeister tätigen Kaminkehrer, der kein NPD-Mitglied ist, jedoch über die Liste der Partei in den Kreistag sowie den Stadtrat von Laucha gewählt worden war, käme der Widerruf der Bestellung wegen des Kehrmonopols faktisch einem Berufsverbot gleich, mindestens hätte dies jedoch den Verlust seiner Selbständigkeit zur Folge (siehe auch den Kommentar auf Seite 2).

Widerspruch erntete Haseloffs Maßnahme daher von seiten der Rechtswissenschaft. "Problematisch" nannte Christian Tietje von der Universität Halle die Vorgehensweise der Regierung: "Das führt zu verfassungsrechtlichen Problemen, weil es um das grundlegende Recht auf freie Meinungsäußerung geht. Die NPD ist nicht verboten", sagte der Jurist. Solange dies so sei, müsse die Partei wie alle anderen behandelt werden und dürfe nicht unter ein Sonderstatus fallen. Auch ein Funktionär der Schornsteinfegerinnung wies darauf hin, daß man dem betreffenden Mitglied nicht vorschreiben könne, welche politische Richtung privat von ihm vertreten werde. Rechtliche Schritte wolle die Innung jedoch gegen den Betreffenden einleiten, falls zutreffe, daß er sich in seiner Schornsteinfegermontur mit Innungszeichen für Propagandazwecke der NPD  habe öffentlich abbilden lassen.

Diese wiederum empört sich darüber, daß die Landesregierung dem Handwerker "aufgrund seiner politischen Gesinnung seine Existenzgrundlage" vernichten wolle, so eine Mitteilung der NPD-Fraktion des Burgenlandkreises. Schließlich sei der Kreisrat "als parteiloser Bürger dieses Landes vom Volke gewählt worden" und dürfe laut Gesetz als "kommunaler Mandatsträger wegen der Ausübung seines Mandates für eine zugelassene politische Partei nicht benachteiligt werden". Im übrigen übe der Betreffende "seine Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Forderungen des geltenden Schornsteinfegergesetzes ohne jegliche Beanstandung aus", heißt es in der Mitteilung der Partei weiter.

Das Innenministerium betont, der Schornsteinfeger sei zwar kein NPD-Mitglied, jedoch als "führender Rechtsextremist" des Burgenlandkreises bekannt. Laut Innenstaatssekretär Rüdiger Erben (SPD) sei er wegen seiner Nebentätigkeit als ehrenamtlicher Fußballtrainer außerdem "ein Musterbeispiel dafür, wie sich Rechtsextremisten in die Mitte der Gesellschaft vorrobben können".

Rückhalt für die rigide Maßnahme kommt daher auch von der Spitze der Landesregierung: "Was das betrifft, muß der Rechtsstaat auch klare Zeichen setzen", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU). Daher scheinen ihn etwaige Bedenken ob der möglicherweise verfassungswidrigen Vorgehensweise seines Wirtschaftsministeriums ebensowenig zu stören wie seinen Parteifreund Haseloff.

Der gab freimütig zu, daß eine Aufhebung des Widerrufs durch ein Gericht nicht ausgeschlossen werden könne. Und ergänzte diese Prognose mit der Feststellung: "Es geht aber darum, daß Politik glaubwürdig handelt. Wir können von Bürgern nicht ein entschlossenes Handeln gegen Rechtsextreme fordern und uns dann auf formaljuristische Bedenken zurückziehen", sagte Haseloff.

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