© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/08 11. Januar 2008

Streiter gegen eine Ersatzreligion
Klimaschutz: Václav Klaus sieht die Erderwärmung als Machtmittel, um unsere Freiheit weiter zu beschränken
Klaus Peter Krause

Staatspräsidenten schreiben meist keine Bücher, solange sie im Amt sind, sondern erst danach. Wenn dann einer wie der Tscheche Václav Klaus das Seltene aus dem Amt heraus trotzdem tut, hat das seinen Grund. Der frühere tschechische Premier will noch etwas beeinflussen, etwas bewirken; immerhin soll das hohe Amt dem Buch noch mehr Gewicht geben. Er habe, so leitet der 1941 in Prag geborene Klaus das erste Kapitel zur "Definition des Problems" ein, über die Umwelt schon lange und wiederholt gesprochen und geschrieben, wenn auch etwas unsystematisch. Daher wolle er der Öffentlichkeit jetzt seinen "komplexen Standpunkt" vorlegen. Es ist der Standpunkt "zur heutigen, so erregten und so unfair wie irrational geführten Debatte über die Umwelt und vor allem über die globale Erwärmung".

Es geht ihm nicht darum zu leugnen, daß ein Temperaturanstieg stattfindet, aber er wehrt sich gegen die Hysterie im Umgang mit ihm in der veröffentlichten Meinung, gegen die Einseitigkeit in der Darstellung seiner Ursachen und Folgen, gegen das Unterschlagen von Fakten, gegen das Ausgrenzen unabhängiger und deswegen mißliebiger Wissenschaftler, gegen die Vorstellung, der Mensch könne die Erwärmung aufhalten oder verlangsamen, sowie gegen die Maßnahmen, ebendies dennoch zu versuchen. Und er lehnt sich dagegen auf, wie die Klimaerwärmung politisch instrumentalisiert und mißbraucht wird, um die Menschen zu kommandieren, umzuerziehen und deren Freiheit auch noch auf diese Weise einzuschränken.

Klaus hält es für töricht, die Reaktionen auf eine Erderwärmung, wie sicher oder nur wahrscheinlich diese auch immer ist, den Menschen nicht individuell selbst zu überlassen, ihre vielen unterschiedlichen Begabungen und ihren Ideenreichtum dabei nicht zu nutzen, sondern dies alles zu unterdrücken - eine Anmaßung ohnegleichen. Er sieht: Durch zentralisiertes Denken und Handeln, das allen Menschen einheitlich aufgezwungen wird, begibt sich die politische Führung und die Staatengemeinschaft der Möglichkeit, das Risiko von Fehlentscheidungen zu streuen und es damit zu minimieren. Werden statt dessen alle Menschen per Gesetz auf den gleichen Weg geschickt und entpuppt sich dieser mit seinen horrenden Kosten als Irrweg, dann sind die Folgen katastrophal für sie alle. Läßt man dagegen die Menschen ihre Wege individuell suchen, nach eigenen Kenntnissen, in eigener Verantwortlichkeit, erleiden bei Fehlentscheidungen nur jene Schiffbruch, die sie getroffen haben, aber nicht alle zusammen.

Klaus ist beunruhigt, denn er erkennt zutreffend: Dieses Thema entwickele sich mehr und mehr zum grundsätzlichen ideologischen und politischen Konflikt unserer Gegenwart, selbst wenn es unzweifelhaft nur ein Ersatzthema sei. Es handele sich nämlich nicht um einen Konflikt über die Umwelt, sondern um einen Konflikt um die Freiheit, und zwar um die der Menschen, nur werde er mit Hilfe des Umweltthemas geführt. Doch dies und die Folgen daraus zu erkennen, fällt den meisten Menschen zu schwer, weil man doch schwerlich dagegen sein kann, die Umwelt zu schützen.

Eben das macht den Konflikt so gefährlich. Er ist mit seiner Ideologie, einer Ersatzreligion, ähnlich gefährlich wie der Kommunismus, der den Menschen seligmachende Gleichheit verheißt und ebenfalls mit der Freiheit kollidiert - nicht anders als das ebenfalls faschistische Gebräu der nationalsozialistischen Ideologie. An die eine wie die andere Irrlehre erinnert auch Klaus - nicht wegen der Suche nach historischen Parallelen um jeden Preis, sondern um andere elitär-autoritäre Heilslehren mit ihrer Meinungsunterdrückung und ihren Verbrechen an Menschen und Völkern nicht zu vergessen.

Die heutige Bedrohung, so Klaus, gehe vom "Environmentalismus" aus, der über den Naturschutz spreche, aber dieses Thema als Umweg für die radikale Umgestaltung der menschlichen Gesellschaft benutze. Diese "ambitionierte, sehr arrogante und beinahe skrupellose Ideologie" sei eine inzwischen dominante Weltanschauung, die den Menschen, sein Verhalten, die Gesellschaftsordnung und das Wertesystem ändern wolle, also "einfach alles", und dies "radikal und um jeden beliebigen Preis", also auch "um den Preis der Einschränkung der menschlichen Freiheit".

Als Wirtschaftswissenschaftler in der liberalen Tradition von Friedrich August von Hayek und Milton Friedman und Mitglied der Mont Pèlerin Society bedient sich Klaus vor allem ökonomischer Denkweise und Argumentation. Er tut es sachlich und anschaulich. Seiner Logik können die "Environmentalisten" nicht entkommen. Er widerlegt sie, er entblößt sie. Klaus ist der einzige namhafte europäische Politiker, der öffentlich gegen die Klimahysterie und milliardenteure Irreführung über das anthropogene CO2 zu Felde zieht.

Er schert sich keinen Deut um die auch hier aufgenötigte Political Correctness und den herrschenden Zeitgeist - selbst wenn er vor der Uno spricht. Er steht damit keineswegs allein, andere Autoren tun es mit Büchern ebenfalls, aber sie haben keine politischen Ämter. Das Kyoto-Protokoll nennt Klaus sinnlos, das Klima stabilisieren zu wollen, absurd. Er weiß sich da eins mit zahlreichen Wissenschaftlern. Doch sie finden in den großen Medien und in der Politik kaum Gehör. Um ein Fazit zu ziehen: Mehr als den Klimawandel und seine möglichen Folgen sollten die Bürger fürchten, daß und wie "Environmentalisten" und die aus Eigeninteresse willige Staatsmacht glauben, den Klimawandel bändigen oder gar abwenden zu können. Der erste Satz des Klaus-Buches lautet: "Wir leben in einer sonderbaren Zeit" und der letzte: "Diese Leute verstehen wirklich überhaupt nichts."

Václav Klaus: Blauer Planet in grünen Fesseln. Was ist bedroht: Klima oder Freiheit? Carl Gerold's Sohn Verlagsbuchhandlung, Wien 2007, gebunden, 128 Seiten, 25 Euro

Foto: Staatspräsident Václav Klaus: Die Klimaerwärmung wird politisch instrumentalisiert und mißbraucht

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