© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/08 18. Januar 2008

Aufgeschnappt
Gott und Teufel im Parlament
Matthias Bäkermann

In Großbritannien wird seit geraumer Zeit über eine stärkere Trennung von Staat und Kirche debattiert. Besonders der Gotteslästerungsparagraph, der den christlichen Glauben und speziell die anglikanische Staatskirche vor "unflätiger Verunglimpfung" schützen soll, erscheint einigen auf der Insel nicht mehr zeitgemäß und soll abgeschafft werden. So argumentieren Kritiker, in einer "multireligiösen Gesellschaft" wie der britischen sei eine rechtliche Sonderbehandlung der anglikanischen Christen vor anderen Religionen unzulässig. Zudem finde der Paragraph praktisch keine Anwendung mehr - 1977 sei letztmalig ein Schwulenmagazin zu einer Geldstrafe verurteilt, 1922 die letzte Freiheitsstrafe verhängt worden, beide Male wegen der Verunglimpfung Jesu.

Der Londoner Labour-Abgeordnete John Austin reichte nun während einer Unterhausdebatte über die Abschaffung des Gotteslästerungsparagraphen einen Antrag ein, der gleich die Abschaffung des Staatskirchenstatus der anglikanischen Kirche von England vorsah. Nach der Parlamentsordnung wurde Austins Eingabe registriert und numeriert - und offenbarte Diabolisches: Der antireligiöse Vorstoß erhielt ausgerechnet die Nummer 666, die Zahl des Antichristen im biblischen Buch der Offenbarung. Der liberaldemokratische Abgeordnete Bob Russell, der den Antrag unterstützte, staunte nicht schlecht. "Es scheint, als ob Gott oder der Teufel auf geheimnisvolle Weise eingegriffen haben." Laut The Times dürfte es tatsächlich nicht mehr zur Abstimmung des Antrags kommen. Zuvor will die Regierung laut Justizministerin Maria Eagle direkte Beratung mit der Kirche aufnehmen.

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