© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/08 18. Januar 2008

Vorauseilender Gehorsam
Hochschulpolitik: Weil ein Student in einer konservativen Burschenschaft aktiv ist, darf er nicht länger dem Ring Christlich Demokratischer Studenten angehören
Felix Krautkrämer

Wir glauben an die Freiheit des Einzelnen in einer offenen und solidarischen Gesellschaft. Unsere politische Grundüberzeugung wird geleitet von christdemokratischen, konservativen und liberalen Werten." So charakterisiert sich der Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) auf seiner Internetseite. Doch nicht an allen Universitäten nimmt es die CDU-nahe Hochschulorganisation mit den liberalen Werten so genau. Von den konservativen ganz zu schweigen. Denn der Bonner RCDS hat nun den Ausschluß eines Studenten angekündigt, weil dieser Mitglied der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn ist.

Wie der Vorsitzende des RCDS Bonn, Philipp Grünhage, mitteilte, könne man "niemandem eine Heimat bieten, der in einer Organisation tätig ist, die sich nicht von extremistischem Gedankengut" abgrenze. Beispiele hierfür seien unter anderem der "volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff", den die Burschenschaft vertrete, sowie ihre "Positionierungen zur Revision der Oder-Neiße-Verträge von 1990".

Die Burschenschaft Raczeks gehört der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) an, einem Zusammenschluß konservativer Bünde innerhalb der Deutschen Burschenschaft (DB). Die BG existiert seit 1961 und besteht derzeit aus 42 Burschenschaften aus der Bundesrepublik und Österreich.

Der betroffene Student, Ralf mayer, gehört dem RCDS Bonn erst sei dem vergangen Dezember an. Mitglied bei der Burschenschaft Raczeks ist er seit diesem Wintersemester. Einen ihm vom RCDS Bonn nahegelegten Austritt aus seiner Burschenschaft hatte mayer abgelehnt, ebenso einen Austritt aus dem RCDS. Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen, sagte mayer gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.

mayer ist als Kandidat des RCDS Bonn bei den Wahlen zum Allgemeinen Studentenausschuß (ASTA) an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn aufgestellt. Die Wahlen finden in dieser Woche statt, weswegen eine Streichung mayers von der Kandidatenliste nicht mehr möglich war. Ergebnisse sollen Ende der Woche vorliegen. Der RCDS Bonn hat mittlerweile reagiert und in seinen Wahlbroschüren sowie auf der Kandidatenliste im Internet den Listenplatz 15, auf dem mayer kandidiert, gestrichen. Nach Platz 14 folgt plötzlich Platz 16. Auf den Wahllisten zum Studentenparlament ist mayer natürlich weiterhin auf Platz 15 wählbar. Sollte er in den ASTA gewählt werden, wäre er dort aber fraktionsloses Mitglied.

Über den RCDS ist mayer tief enttäuscht. Es sei traurig, daß er als Mitglied seiner Burschenschaft nicht mehr Mitglied in einer der CDU nahestehenden Organisation sein dürfe. Und das, obwohl es bei der CDU anders als bei der SPD keinen Unvereinbarkeitsbeschluß zwischen der Parteimitgliedschaft und der Mitgliedschaft in einer Burschenschaft der Burschenschaftlichen Gemeinschaft gibt. Zudem habe es wegen seiner Person keinen Druck auf den RCDS Bonn gegeben - nicht mal von seiten der örtlichen Antifa.

Verwundert zeigte sich mayer auch über die Art, in der der RCDS bewußt diffamierende Unwahrheiten über ihn verbreite. In der Pressemitteilung des RCDS Bonn hieß es unter anderem: "mayer selbst zählt zudem nach seinen eigenen erst jetzt bekanntgewordenen Angaben bekannte Rechtsextremisten zu seinen persönlichen Freunden." Dies bezeichnete mayer als böswillige und unbegründete Unterstellung. Der RCDS-Bonn hat die Pressemitteilung mittlerweile von seiner Internetseite genommen, wohl als Reaktion auf die von  mayer angedrohten juristischen Konsequenzen.

Der Vorstand des RCDS Bonn will mayer nun auf der nächsten Mitgliederversammlung ausschließen. Der RCDS sei ein offener Verband. "Wir bekennen uns zu den demokratischen Grundwerten und können extremistische Positionen oder Organisationen nicht akzeptieren, sondern werden weiterhin gegen jedwede Form des politischen Extremismus und Totalitarismus kämpfen", sagte RCDS-Chef Grünhage. Der Pressesprecher der Deutschen Burschenschaft, Norbert Weidner, selbst Mitglied der Burschenschaft der Raczeks, bezeichnete gegenüber der JF die Vorwürfe gegen mayer und die BG als "hanebüchen". Die DB werde in nächster Zeit in Kontakt mit dem RCDS-Bundesvorstand treten, um diesen Fall sowie ähnliche aus der Vergangenheit zu thematisieren. Es könne nicht angehen, daß Studenten die demokratische Teilhabe im RCDS verwehrt werde, nur weil sie Mitglied in einer Burschenschaft seien, sagte Weidner.

Der Bundesvorstand des RCDS unterstützt dagegen seine Bonner Hochschulgruppe. "Ich stehe hundert Prozent hinter dieser Entscheidung", sagte der RCDS-Bundesvorsitzende Matthias Kutsch der JF. Prinzipiell seien Verbindungsstudenten beim RCDS willkommen. Es hänge jedoch von deren politischen Ausrichtung ab. "Der RCDS hat sich in der Vergangenheit deutlich von jeglichem Extremismus distanziert und wird das auch in Zukunft tun. Auch wenn es sich um Grauzonenextremismus handelt", sagte Kutsch.

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