© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/08 18. Januar 2008

Meldungen

Franz Boas: Erzvater  des "Anti-Rassismus"

INNSBRUCK. 2008 jährt sich der 150. Geburtstag von Franz Boas (1858-1942), den nicht nur traditionspflegende Völkerkundler als Erzvater des "Anti-Rassismus" verehren. Im Vorgriff auf den Jubeltag würdigen die Innsbrucker Politologen Bernhard J. Tilg und Friedrich Pöhl den Begründer der modernen Kulturanthropologie und seinen Einfluß auf die "moderne Intellektuellenschicht, die konsequent einen antirassistischen Kulturbegriff zu entwickelt sucht" (Anthropos, 102/07). Dabei müssen die wichtigsten Elemente dieser "modernen" ethnologisch-anthropologischen Ideologie dem wissenschaftlichen Werk Boas' nicht nachträglich imputiert werden. Denn die Verbindung von Wissenschaft und Weltanschauung durchzieht die Lebensarbeit des 1886 in die USA ausgewanderten Boas wie ein roter Faden. Im Ursprungsland der "Rassenideologie" und der praktizierten Rassentrennung habe der deutsche Jude Boas daher als "nigger lover" gegolten. Im Bestreben, die "rassistische Anthropologie" zu widerlegen, sei es ihm gelungen, das Konzept der "Rasse" und die damit legitimierte "kulturelle Ungleichheit" wissenschaftlich zu diskreditieren. Obwohl Tilg und Pöhl kritisch einräumen, daß auch Boas nicht immer konsequent "antirassistisch" argumentiert, wenn er sich überzeugt gibt, daß die "schwarze Rasse" weniger "geniale Köpfe" hervorgebracht habe als die weiße, scheinen sie die relativistischen Folgerungen  seines Kulturalismus nicht zu sehen. Denn mit Boas' "Anerkennung der Gleichheit der Werte aller Kulturen" und zugleich ihrer "prinzipiellen Unvergleichbarkeit", die jeder "Hierarchisierung" den Boden entziehe, ist der "moderne" Universalismus des Glaubens an überall gültige "Menschenrechte" kaum vereinbar.

 

Habermas: Chiffrierte Warnung vor Tyrannei

BERLIN. Seit seinem postwendend politologisch thematisierten (Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2/07) "Dialog" mit dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger scheint Jürgen Habermas von der "Sinnressource" Religion beunruhigt. Wenn er nun über "Die öffentliche Stimme der Religion" nachdenkt (Blätter für deutsche und internationale Politik, 12/07), dann ist es wieder ihr Beitrag zur "Identitätsstiftung", den er ihr konzediert. Im drolligen Widerspruch zur eigenen Präzeptoren- und Zensorenrolle, die Habermas seit Jahrzehnten im akademischen Milieu spielt, plädiert er nun dafür, "die politische Kommunikation im öffentlichen Raum für jeden Beitrag" offenzuhalten, um die "polyphone Komplexität der öffentlichen Stimmenvielfalt nicht vorschnell zu reduzieren". Nur so könne religiöses Sinnstiftungspotential ausgeschöpft werden. Allerdings nur im öffentlichen Raum der "Zivilgeselllschaft", nicht in ihren Institutionen. Im Parlament etwa müsse der Präsident "religiöse Erklärungen" aus den Sitzungsprotokollen "tilgen". Ängstlich sich explizit nur an die Adresse "christlich-jüdischer" Glaubensgemeinschaften wendend, warnt Habermas: Demokratische Mehrheitsherrschaft schlage in religiöse Tyrannei um, wenn die Mehrheit in Legislative und Exekutive auf "religiösen Argumenten beharrt". Da Katholiken, Protestanten und Juden hierzu gar keine Ambitionen zeigen, fragt sich, warum der Philosoph den Islam meint, aber dessen auf die Aufhebung von Staat und Religion erpichten Totalitarismus im "rationalen Diskurs" nicht nennt.

 

Erste Sätze

Zuweilen erstrahlt an den Horizonten des Geistes ein neues Gestirn, das die Augen aller Rastlosen trifft, Verkündung und Sturmsignal einer Weltwende wie einst den Königen aus dem Morgenlande.

Ernst Jünger: Der Kampf als inneres Erlebnis, Berlin 1925.

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