© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/08 25. Januar 2008

Fingerzeig gegen Teheran
Israel testete neue Rakete
Günther Deschner

Vorige Woche haben die Israel Aerospace Industries (IAI) auf dem Stützpunkt Palmachim einen Raketentest durchgeführt. Im nahen Tel Aviv war eine riesige Rauchschwade zu sehen, was auf einen "großen" Abschuß schließen ließ - und nicht auf einen Test mit dem kleineren Abwehrsystem "Arrow", das Feindraketen bereits außerhalb des israelischen Luftraums abfangen soll. Amateure stellten Bilder des "großen" Tests ins Netz. Die Erklärungen des israelischen Verteidigungsministeriums waren kryptisch: Man wollte nur bestätigen, "daß im Rahmen der Entwicklung eines neuen Antriebssystems ein erfolgreicher Raketentest durchgeführt worden ist".

Worum es sich handelte, enthüllten dann das britische "Defense and Government Intelligence"-Portal (DGI) und das "Wisconsin Project", das weltweit Atomwaffenprojekte auswertet. Demnach entwickelt Israel eine Rakete, die Ziele im ganzen Nahmittelost-raum treffen könnte. Die dreistufige Langstreckenrakete Jericho III hat eine Reichweite von 4.800 Kilometern und könnte somit von Israel aus nicht nur wie die bereits einsatzfähige Jericho II Ziele in Syrien, sondern auch in Iran oder Pakistan treffen. Die Jericho III kann mit nuklearen Mehrfachsprengköpfen von bis zu 1,25 Tonnen bestückt werden. Wegen ihrer geringen Zielgenauigkeit kann sie nicht für Präzisionsschläge (etwa gegen gehärtete unterirdische Ziele) eingesetzt werden, doch hat Israel - so die Wisconsin-Analysten - "damit eine Waffe, die fast alle Großstädte im Iran auslöschen und Millionen Menschen töten kann".

So zurückhaltend die Militärs mit ihren Verlautbarungen über die "V3" sind, so hochpolitisch ist der Zeitpunkt. Nur wenige Tage vor dem Test und im Kontext des Israel-Besuchs von US-Präsident George W. Bush hatte Premier Ehud Olmert drohend erklärt, sein Land halte sich "alle Optionen" offen, um die Entwicklung iranischer Atomwaffen zu verhindern. Daß in derselben Woche auch der iranische Außenminister zu Besuch in Moskau war, das im Rüstungsbereich mit Teheran zusammenarbeitet, paßt ins Raster. So gut wie unbemerkt von der Weltpresse hat Israel fast zeitgleich von einem Raumfahrtzentrum in Südindien mit einer indischen Rakete einen neuen Spionagesatelliten ins All geschossen, der Aktivitäten im Iran auch bei Nacht und wolkigem Wetter erfassen können soll. Der Tecsar-Satellit soll über ein moderneres Radarsystem verfügen. Erste Bilder des neuen Satelliten sollen in zwei Wochen vorliegen.

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