© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/08 01. Februar 2008

Schwierige Beziehungen
Vergangenheit prägt deutschtschechischen Umgang
Ekkehard Schultz

Die deutsch-tschechischen Beziehungen werden nach wie vor durch die Vergangenheit belastet, wie nicht zuletzt die Auseinandersetzung um die Beneš-Dekrete im Vorfeld von Tschechiens EU-Beitritt gezeigt hat. Diese Vergangenheit stand daher nicht zufällig auch im Mittelpunkt einer Veranstaltung zum Verhältnis zwischen den beiden Nachbarstaaten am vergangenen Mittwoch in der tschechischen Botschaft in Berlin.  

Der in Mährisch-Schlesien geborene sudetendeutsche Theologe Adolf Hampel zeichnete ein positives Bild der Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien. Gerade die Vertriebenen hätten dazu einen großen Teil beigetragen: Viele von ihnen wiesen eine sehr enge Bindung zu ihren Herkunftsorten auf und besuchten diese regelmäßig. Schon daraus hätten sich sehr viele Kontakte ergeben. Sudetendeutsche leisteten durch teilweise hohe Spenden einen wichtigen Beitrag zur Renovierung von Kirchen und Denkmälern. Zudem hätten die Vertriebenen in den sechziger Jahren eine große Solidarität mit tschechischen Dissidenten gezeigt. Im Gegenzug dürfe aber auch die heimliche private Hilfe jener Tschechen nach 1945 nicht vergessen werden, die wenigstens die größten Härten für die Vertriebenen etwas milderten. 

Hampel erinnerte daran, daß eine wichtige Aufgabe der Sudetendeutschen Landsmannschaft darin bestanden habe, diejenigen Teile der Volksgruppe, die eine Nähe zu politischem Extremismus aufwiesen, zu integrieren und zu absorbieren. Dies sei nach seiner Einschätzung durchweg gelungen. 

Dennoch gebe es noch wichtige Aufgaben für die Zukunft: Für viele Sudetendeutsche sei heute längst nicht mehr die Frage nach etwaiger Rückgabe oder Entschädigung des im Zuge der Vertreibung verlorenen Eigentums wichtig. Sehr wichtig sei ihnen und ihren Nachkommen dagegen,  in historischen Darstellungen nicht pauschal als Täter und Verbrecher zu erscheinen, sagte Hampel. Hier gebe es, wenn man sich die heutigen Lehrbücher an den tschechischen Schulen, aber auch die Studienpläne an Universitäten betrachte, noch viel zu tun. Denn viele Klischees, die dadurch an die jungen Generation weitergegeben würden, seien später nur mühsam zu widerlegen.

Zwar sei die Geschichte unumkehrbar und eine Rückkehr zum jahrhundertealten Zustand des Zusammenlebens von Deutschen, Tschechen und Juden in Böhmen und Mähren faktisch ausgeschlossen. Aber dies dürfe keinesfalls eine auch nur partielle Rechtfertigung für an Sudetendeutschen begangene Verbrechen sein, sagte Hampel.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen