© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/08 01. Februar 2008

Witwe siegt gegen Enkel
Medien: Friede Springer triumphiert im Erbenstreit
Rainer Tilemann

Die Verhandlung im Saal 216 des Hanseatischen Oberlandesgerichts dauerte nur fünf Minuten - danach konnte Friede Springer, die Grande Dame der deutschen Medienwelt, aufatmen. Die Witwe des legendären Verlagsgründers Axel Springer behält die Macht im Haus. An ihren Mehrheitsanteilen im größten deutschen Zeitungskonzern wird nicht gerüttelt. Die Berufung des Springer-Enkels Axel Sven Springer wurde abgewiesen. Der 41jährige sah sich von Friede Springer und Testamentsvollstrecker Bernhard Servatius unrechtmäßig um das Großteil seines Erbes gebracht (JF 2/08). Richter Möller betonte bei der Urteilsverkündung am Dienstag voriger Woche, daß das Gericht keinen Zweifel an der Verteilung der Anteile gehabt habe, wie sie unter Anleitung von Servatius nach Springers Tod 1985 festgelegt wurden.

Medienzar Axel Springer hatte in seinem Testament seiner Frau Friede 50 Prozent sowie seiner Tochter Barbara und seinem Lieblingsenkel Axel Sven je 25 Prozent seiner Verlagsanteile vermacht. Nach seinem Tod wurde jedoch ein anderer letzter Wille bekannt. Danach sollte Friede Springer 70 Prozent und Axel Sven Springer nur fünf Prozent der Anteile bekommen. Obwohl diese Verfügung laut Gericht "nicht formgerecht" festgehalten wurde, einigten sich die Erben auf diese Aufteilung. Als Folge dieser Regelung gab Axel Sven unter anderem zehn seiner 25 Prozent an Friede Springer ab.

2002 focht Axel Sven Springer den Erbvertrag an. Er fühlte sich getäuscht. Jetzt ist er in zweiter Instanz gescheitert. Zwar ist gegen den OLG-Beschluß keine Revi­sion zugelassen, da "die Sache keine grundsätzliche recht­liche Bedeutung hat", so eine Gerichtssprecherin. Doch dagegen will der Springer-Enkel nun Beschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einlegen, berichtete diese Woche der Spiegel. Der BGH muß dann entscheiden, ob es doch zu einer Revision kommt.

Schließlich bleibt noch die moralische Bewertung: Denn ob Axel Sven Springer vor 22 Jahren (damals war er ein 19jähriger Schüler in einem Internat in der Schweiz) die Bedeutung des Erbvertrags mit Friede Springer richtig einschätzen konnte, ist die Frage. Er mußte kurz vor dem Tod seines Großvaters eine Entführung überstehen. Seinen Vater hatte er fünf Jahre vorher durch dessen Selbstmord verloren. Zur Testamentseröffnung reiste er unbedarft ohne Anwalt oder sonstigen Beistand an.

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