© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/08 08. Februar 2008

Freiheit statt Feminismus!
Geschlechterkampf: Die "positive" Diskriminierung von Frauen beschädigt den Rechtsstaat
Michael Paulwitz

Heulsusen. Männer, die über ihre strukturelle Benachteiligung jammern, die Diskriminierung des eigenen Geschlechts beklagen und sich organisieren, um wortreich ihre Rechte einzufordern - muß das sein? Reicht nicht schon das feministische Gedöns? Brauchen wir da wirklich noch die "Männerrechtsbewegung", die der Publizist Arne Hoffmann in seinem soeben erschienenen Standardwerk "Männerbeben" umfassend porträtiert?

Doch, brauchen wir. Denn die einst als "Patriarchen" geschmähten deutschen Männer sind längst auf dem besten Weg, die Deppen der Nation zu werden. Als Schüler sind sie prädestinierte Bildungsverlierer in einem von Frauen für Mädchen optimierten Schulbetrieb; als Jugendliche tragen sie das Hauptrisiko, zum Opfer von Kriminalität und Jugendgewalt zu werden; als Berufseinsteiger müssen sie sich oftmals wieder hinten anstellen; als Väter zittern sie unter dem Damoklesschwert, zum scheidungsversehrten "Zahlvater" degradiert zu werden, dem als einzige Erinnerung an Ehe, Familie und Kinder der finanzielle und persönliche Schiffbruch bleibt.

Im Unterhalts- und Scheidungsrecht hat der Widerstand gegen die offenkundige Männerdiskriminierung immerhin zu ersten zaghaften Korrekturen geführt. Die zu Jahresbeginn in Kraft getretene Reform begrenzt die Unterhaltsansprüche geschiedener Ehefrauen zugunsten von Kindern aus einer etwaigen neuen Beziehung des Ex. Theoretisch ist dem zahlenden Papa auch die Vaterschaftsfeststellung leichter gemacht worden, wenn er den Verdacht hat, ihm sei ein "Kuckuckskind" untergeschoben worden. Praktisch bleibt ihm das wirksamste Mittel, der anonyme Vaterschaftstest, weiter verwehrt: Sein Recht auf Gewißheit ist dem Gesetzgeber weniger wert.

Dabei wäre die Herstellung von Rechtsgleichheit gerade hier von elementarem staatspolitischen Interesse. Denn der Zusammenhang zwischen der jahrzehntelangen juristischen Väterdiskriminierung und dem "Zeugungsstreik" der Männer, denen die Lust am Vatersein vergangen ist, läßt sich kaum leugnen. Ohne Geschlechtergerechtigkeit im Unterhalts- und Scheidungsrecht kein Anstieg der Geburtenrate, kein Ausweg aus der demographischen Katastrophe.

Es ist kein geringer Erfolg der im Laufe der letzten Jahre formierten Männerrechtsbewegung, daß diese und andere Mißstände dokumentiert und ins öffentliche Bewußtsein gerückt worden sind. Die Bedeutung von MANNdat und Väteraufbruch, von genderama.de und Männerpartei weist indes über das übliche Wirken von Lobbyorganisationen hinaus, die individuelle Probleme und Anliegen ihrer Klientel bündeln und durchsetzen wollen.

Männerrechtler und Antifeministen führen uns eindringlich eine gefährliche Schieflage in Staat und Gesellschaft vor Augen. Während ganze Heerscharen von Beauftragten sich mit einem Milliardenaufwand an Steuergeldern darum kümmern, jede vermeintliche oder tatsächliche Benachteiligung von Frauen schon im Keim zu erkennen und abzustellen, und sich dabei des Wohlwollens der veröffentlichten Meinung jederzeit gewiß sein können, ignoriert dieselbe Öffentlichkeit, wenn Männer oder Jungs allein aufgrund ihres Geschlechts im Abseits stehen, oder quittiert mit ironischem Achselzucken, was unter umgekehrten Vorzeichen helle Empörung hervorriefe.

Das kommt nicht von ungefähr. Die Kaste der Feminismus- und Genderfunktionäre hat die kulturelle Hegemonie im öffentlichen Diskurs für sich erobert. Es war ein langer Weg von der Forderung der Urväter des Sozialismus, die Frauen aus den Fesseln der bürgerlichen Familie zu befreien und in die werktätige Arbeiterklasse einzugliedern, über den männerverachtenden Feminismus der Simone de Beauvoir und Alice Schwarzer bis zum durchorganisierten, die Kontrolle über alle öffentlichen Bereiche anstrebenden "Gender Mainstreaming"-Überbau.

Für die Kader des zum Geschlechterkampf modifizierten Klassenkampfes hat sich dieser lange Marsch gelohnt. Wer das Spiel mitspielt, dem verheißt das Netzwerk institutionalisierter Frauenförderung, das von der lokalen und kommunalen Ebene bis hinauf zu den demokratischer Kontrolle weitgehend entzogenen supranationalen Institutionen reicht, ein ganzes Bündel materieller Vorteile, vom erleichterten Karriereeinstieg oder -aufstieg bis zur großzügigen Subventionsausschüttung.

Unter dieser einseitigen Geschlechterpolitik leidet letztlich der Rechtsstaat selbst und das Rechtsempfinden aller Bürger. Diskriminierung wird nicht dadurch zur guten Sache, daß man ihr das Attribut "positiv" anklebt, das lediglich den Blick vom "negativ diskriminierten" Pendant ablenken soll. Der Siegeszug der Quotenregelungen, die bloße Geschlechtszugehörigkeit in den Rang einer potentiell entscheidenden Qualifikation für Beruf oder Amt erheben, ist nur ein Beispiel für die Deformation des Rechtsstaates im Namen der feministischen Ideologie.

Das entscheidende Verdienst der Männerrechtsbewegung besteht im Aufdecken des schädlichen Zugriffs einer potentiell totalitären Ideologie auf immer größere Bereiche unseres Gemeinwesens. Ebendieser Ideologie ist es gelungen, ihr einseitiges und reduziertes Frauenbild zum Nachteil von Staat und Gesellschaft als Leitbild und Richtschnur staatlichen Handelns durchzusetzen.

Das Ergebnis dieser Entwicklung war bis dato nicht die Befreiung "der Frauen", sondern die Bevormundung aller: der Frauen, deren Selbstbestimmung einseitig auf das Leitbild der vollzeitbeschäftigten, lästiger familiärer Bindungen und Verpflichtungen enthobenen Karrierefrau verengt wird, ebenso wie der Männer, denen ihr angeblich nur angelerntes "Rollenverständnis" aberzogen werden soll.

Kritik an derartigen geschlechterpolitischen Ideologien ist zugleich eine Kampfansage an den ausufernden Gouvernanten- und Umerziehungsstaat - Freiheit statt Feminismus.

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