© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/08 08. Februar 2008

Mit dem Taxi in den Knast
Dänemark gegen Illegale
Hans Joachim von Leesen

Für Reisende aus Ländern, die das Schengener Abkommen unterzeichnet haben, sind die Grenzkontrollen aufgehoben. Wie der Streit über die jüngste Öffnung der polnischen und der tschechischen Grenze deutlich macht, wird das auch von Nicht-EU-Bürgern ausgenutzt, um "schwarz" einzureisen (siehe den Bericht auf Seite 6). Auch wenn die Zollkontrollen gefallen sind, fahndet die Polizei im Hinterland nach illegalen Ausländern. Und wer denen behilflich ist, wandert postwendend wegen Einschleusens in den Knast - zumindest in Dänemark.

So stiegen vorigen Monat am Flensburger Südermarkt drei dunkelhäutige Männer in ein Taxi. Keiner von ihnen sprach Deutsch oder Englisch, doch geben sie zu verstehen, man möge sie zum Flensburger Hauptbahnhof fahren. Dort angekommen, dirigieren sie um: Jetzt soll es ins nördlich gelegene dänische Pattburg (Padborg) gehen. Dort bieten die drei Männer dem Taxifahrer 360 Euro an, wenn er sie nach Kopenhagen bringt. Er holt sich bei seiner Zentrale per Funk die Erlaubnis - aber Jörg Ridder kam nicht weit, bald wird er von einer dänischen Polizeistreife gestellt.

Diese stellt fest, daß die drei Männer Afghanen sind, ohne Visa: also Illegale. Sie werden sofort festgenommen, um abgeschoben zu werden. Der Flensburger Taxifahrer wird des Schleusens verdächtigt. Nach 20 Tagen Untersuchungshaft wird er in Sonderburg (Sønderborg) zu 50 Tagen Gefängnis verurteilt. Außerdem darf er für zwei Jahre nicht nach Dänemark einreisen. Er hätte die drei deutlich als Ausländer erkennbaren Männer nach ihren Ausweisen fragen müssen, so der dänische Richter. Und hätte er festgestellt, daß sie aus Afghanistan kommen oder ohne Papiere sind, wäre es seine Pflicht gewesen, spätestens in Pattburg die dänische Polizei zu rufen.

Ridder verteidigt sich mit dem Hinweis auf das in Deutschland geltende Antidiskriminierungsgesetz, das weit über die EU-Forderungen hinausgehe. Doch der Richter ging auf solche Entschuldigungen überhaupt nicht ein. Gegen das Urteil legte Ridders Anwalt Widerspruch ein. Bis zur erneuten Verhandlung ist er vorerst in Freiheit.

Sollte aber das erste Urteil bestätigt werden, droht erneut Gefängnis. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes sitzen in Dänemark fünf weitere Deutsche wegen ähnlicher Beschuldigungen in Haft. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Flensburg stellte vorige Woche klar: Kein Taxifahrer muß einen Fahrgast über die Grenze chauffieren. Eine Beförderungspflicht gebe es für Flensburger Taxen nur innerhalb der Stadtgrenzen.

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