© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/08 15. Februar 2008

WIRTSCHAFT
Sozialpolitik auf Abwegen
Jens Jessen

Voriges Jahr wurde mit dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (RVAGAnpG) die "Rente mit 67" beschlossen. Ab 2012 sieht es für alle seit 1947 Geborenen eine stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) auf 67 Jahre vor. Die Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung zum Gesetz basieren allerdings auf Annahmen, die schon bald zur Makulatur werden. Sollten die Folgen des Gesetzes die Beitragssatzhöhe um 0,8 Beitragssatzpunkte senken, so bleiben davon nur 0,5 Prozent übrig, weil eine Ausnahme eingeführt wurde: Beitragszahler, die 45 Pflichtbeitragsjahre vorweisen, können weiterhin ohne Abschläge mit 65 in Rente gehen. Es handelt sich dabei um fünf Prozent der in Altersrente gehenden Frauen, bei den Männern sind es 30 Prozent.

Das verstößt nicht nur gegen das in der GRV geltende Prinzip der Teilhabeäquivalenz, wonach gleiche Beitragsleistungen zu gleichen Rentenansprüchen führen. Es widerspricht auch den Zielen der Senkung des Beitragssatzes und der Erhöhung des Rentenniveaus. Noch stärker würden die Ziele in Frage gestellt, wenn die Rentenversicherungszeiten, die nach dem 60. Lebensjahr erworben werden, mit einem höheren Punktwert rentensteigernd angerechnet würden. Ältere sollen für gleiche Beitragsleistungen einen höheren Rentenanspruch erwerben. Nicht nur die Beitragsrendite wäre für Ältere höher als für Jüngere. Die Initiatoren aus der SPD hätten auch wissen müssen, daß etwa 70 Prozent der Personen mit einem Hoch- und Fachhochschulabschluß im siebten Lebensjahrzehnt noch arbeiten. Von den Geringqualifizierten sind es nur 27 Prozent. Die GRV würde dadurch nicht nur erheblich belastet, sondern auch noch zu einem Instrument der Umverteilung mißbraucht.

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