© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/08 29. Februar 2008

Türkischer Einmarsch im Nordirak
Verlegenheitslösung
von Günther Deschner

Welchem höheren Sinn soll der neue Türkeneinmarsch in den Irak dienen? Es ist doch von vornherein klar, daß das vorgebliche Ziel, die 3.000 Partisanen der PKK, die den Nordirak als Rückzugs- und Ruheraum nutzen, "militärisch auszuschalten", mit ein paar tausend Soldaten und mit Kampfpanzern (im Winter! im Hochgebirge!) so nicht erreicht werden kann. Seit 1984 sind die Türken schon 24mal dort eingerückt, um die PKK "zu vernichten". Gerade "vernichtet" man sie also zum 25. Mal! Diese Feldzüge sind nichts anderes als Verlegenheitslösungen eines Staates, der sich mit hoher Lernresistenz weigert, seine innenpolitischen Hausaufgaben zu machen.

Seit fast 90 Jahren fällt Ankara zur Lösung des Problems, das es mit seinen Millionen Kurden hat, nichts anderes als Gewalt und Unterdrückung ein. Die sich gern modern gebende Türkei hat bisher alle Chancen für eine politische Lösung verstreichen lassen, eine Lösung etwa, wie sie Spanien im Baskenland erreicht hat. PKK-Gründer Öcalan hatte wohl recht, als er sagte: "Die PKK ist ein reines Produkt der Türkei." Mit der Invasion setzen sich die Erben Atatürks nicht nur über Bitten des Irak und der USA hinweg, sondern liefern auch der EU, der sie als Vollmitglied angehören möchten, ein anschauliches Beispiel dafür, wie es dann an deren Außengrenze zugehen würde.

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