© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/08 07. März 2008

Niemals Opfer?
Fernsehen: Der ZDF-Zweiteiler über die Tragödie des Untergangs der "Wilhelm Gustloff" erreicht Millionen Zuschauer
Thorsten Thaler

Für das ZDF war der Zweiteiler "Die Gustloff" ein großer Publikumserfolg. Den ersten Teil des Fernsehdramas von Regisseur Joseph Vilsmaier über die Tragödie des Untergangs der "Wilhelm Gustloff" am 30. Januar 1945 sahen nach Senderangaben am Sonntag 8,45 Millionen Zuschauer, den zweiten Teil am Montag schauten 7,87 Millionen; das entspricht Marktanteilen von 23,5 bzw. 22,9 Prozent. In der "werberelevanten" Zielgruppe der 14- bis 49jährigen waren es 16,9 bzw. 17,3 Prozent. Auch die anschließende Dokumentation über den von einem russischen U-Boot versenkten ehemaligen Kraft-durch-Freude-Dampfer habe beachtlichen Zuspruch erfahren.

Nicht überall stieß der Zweiteiler jedoch auf positive Resonanz: Der Vilsmaier-Film stehe "Lichtjahre hinter der Filmsprache der Jetztzeit zurück. Die Kamera ist bieder, altmodisch, uninspiriert", monierte ein JF-Leser in einem Brief an diese Zeitung. "Die Story und die Darstellung haben nichts, was tief in das Unterbewußtsein des Zuschauers greifen könnte, um ihm etwas von der Tragödie des deutschen Volkes erfahrbar zu machen."

Kritik von links und also ganz anderer Art übte Spiegel online. Dort wurde der Film als das "schlichteste, schludrigste und scheußlichste Eventmovie seiner Art seit langer Zeit" bezeichnet; er sei ein "riskanter Rückschritt". Durch ihn würde suggeriert, daß da "ein Volk von Unschuldigen" absaufe. Anders als der "latent revisionistische" Vertriebenen-Zweiteiler "Die Flucht" und "das grandiose Kriegsmelodram 'Dresden'", welches "feinnervig von der faschistischen Durchdringung auch kleinster sozialer Zellen berichtete", würde hier der Holocaust nicht behandelt und die Gustloff nur als "Opfer-Dampfer" dargestellt.

Auf immer und ewig Täter, aber niemals Opfer? Beim Untergang der "Wilhelm Gustloff", der größten Katastrophe der Seefahrtsgeschichte, starben über 9.000 Deutsche in den eisigen Fluten der Ostsee, zumeist Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder.

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