© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/08 07. März 2008

"Eliza, wo zum Teufel sind meine Pantoffeln?"
Zeitlebens ein Charmeur und Gentleman: Zum hundertsten Geburtstag des englischen Filmschauspielers Rex Harrison
Werner Norden

Wie kaum ein zweiter verkörperte Rex Harrison im Leben wie im Film den Typ des eleganten und distinguierten englischen Gentleman. Dabei kam er eigentlich aus recht einfachen Verhältnissen. Am 5. März 1908 in Huyton in der Grafschaft Lancashire als Sohn eines Stahlarbeiters geboren, begann er gleichwohl nach dem Abschluß des College bereits mit siebzehn Jahren in Liverpool Theater zu spielen. Mit einem Repertoire an Shakespeare‑, Bernard-Shaw- und Noel-Coward-Stücken ging die Truppe drei Jahre auf Tournee durch ganz England, und Reginald Carey Harrison - wie er damals noch hieß - erarbeitete sich langsam aber sicher den Ruf eines der besten Komödiendarstellers Großbritanniens. So stand er im Alter von 22 Jahren bereits im legendären Londoner Westend-Theater auf der Bühne, und sowohl die Zuschauer als auch die Kritiker waren über die Auftritte des jungen Mimen voller Begeisterung.

Es folgten mehrere Tourneen in den USA und schließlich ein Ruf an den Broadway. Doch nach einem Jahr zog es Harrison nach London zurück. Bald schon meldete sich Alexander Korda mit einem Vertrag für die Denham Studios bei dem jungen Schauspieler. Nun geht es Schlag auf Schlag. An der Seite von Vivien Leigh gibt er 1936 in Victor Savilles und Ian Dalrymples "Storm in a Teacup" (Sturm im Wasserglas), einer satirischen Komödie über Bürokratie und Lokalpolitik in einer schottischen Kleinstadt, sein Filmdebüt. Als MGM sich für ihn interessiert und ihm King Vidor eine Rolle in "The Citadel" (Die Zitadelle, 1938) anbietet, einer Verfilmung des teilweise autobiographischen Romans von A.J. Cronin, ist Rex Harrisons großer Durchbruch als Filmschauspieler endlich da. Dennoch zieht es ihn immer wieder auf die Bühne. Am Broadway spielt er zusammen mit der deutschen Schauspielerin Lilli Palmer, die 1942 seine zweite Frau wird. Doch ausgiebige Flitterwochen bleiben den beiden verwehrt. Wieder in England meldet er sich zur Royal Air Force und leistet hier bis 1945 seinen Dienst.

In den fünfziger Jahren spielt Harrison vorwiegend am Broadway. In T. S. Eliots "Die Cocktail Party", Peter Ustinovs "Die Liebe der vier Obersten" und in "My Fair Lady", der Musicalversion von Shaws "Pygmalion", begeistert er das Publikum. Daß er neben feinsinnigem Humor und Sinn für Ironie durchaus auch eine hintergründige Seite besitzt, beweist er 1960 in David Millers "Midnight Lace" ("Mitternachtsspitzen"). Als frisch verheirateter Ehemann von Doris Day versucht er hier mit perfiden Mitteln, seine Frau in den Wahnsinn zu treiben und schließlich von einem gedungenen Mörder umbringen zu lassen, um dadurch an ihr beträchtliches Vermögen zu gelangen. Seine wohl größten Erfolge feiert er allerdings 1962 als Julius Cäsar in Joseph L. Mankiewiczs "Cleopatra" und ein Jahr später in George Cukors "My Fair Lady". Für seine Rolle des Professor Higgins, mit der er schon am Broadway die Zuschauer zu Beifallsstürmen hinriß, gewinnt er den Oscar.

Rex Harrison drehte bis weit in die achtziger Jahre hinein Filme. Immer noch blendend aussehend, weltmännisch, makellos gekleidet und mit tadellosen Manieren beeindruckte er die Damenwelt bis ins hohe Alter. Er war insgesamt sechsmal verheiratet, betörte Schauspielerinnen, Schriftstellerinnen und Tänzerinnen, die nur allzu gern seiner Ausstrahlung und seinem Charme erlagen. Künstlerisch unvergessen bleiben sein 498 Tiersprachen beherrschender "Doctor Dolittle" (1966), sein brillanter "Don Quichotte" (1972) und sein Cyril Romanow in Marvin J. Chomskyws Fernsehfilm "Anastasia - The Mystery of Anna" (Anastasia, 1986). Dies sollte auch seine letzte Rolle sein. Harrison zog sich in sein luxuriöses Appartement in New York zurück, das er erst ein Jahr vor seinem Tod verließ, um sich von der englischen Königin zum Ritter schlagen zu lassen. Am 2. Juni 1990 starb Sir Reginald Carey "Rex" Harrison im Alter von 82 Jahren in New York.

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