© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/08 14. März 2008

Entstaubte Gedenkstätte wird ausgeräumt
Geschichtspolitik: Die Umgestaltung des Marinehrenmals in Laboe geht in die nächste Phase / Moderne Flotte als Schwerpunkt
Hans-Joachim von Leesen

Die Umgestaltung des Marine-Ehrenmals in Laboe, das dem Deutschen Marinebund gehört, geht offensichtlich in die nächste Phase (JF 18/07). In den vergangenen Jahren war das Ehrenmal - das zunächst den gefallenen deutschen Marinesoldaten des Ersten Weltkrieges gewidmet war und nach dem Zweiten Weltkrieg erweitert wurde um das Gedenken an die Gefallenen der Kriegsmarine - internationalisiert worden, wie es der jetzt im Mittelpunkt stehenden Inschrift zu entnehmen ist. Sie lautet: "Gedenkstätte für die auf See Gebliebenen aller Nationen. Mahnmal für eine friedliche Seefahrt auf freien Meeren."

Jetzt soll die historische Halle verändert werden. Bislang stellte sie mit Deutschland im Mittelpunkt die Entwicklung der Seefahrt mit Hilfe zahlreicher Exponate und Schiffsmodelle dar. Den größten Raum nimmt die Geschichte der (Kriegs-)Marine seit 1848 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ein. Das soll nun anders werden. Zukünftig soll sie "zu einem erheblichen Anteil die moderne Deutsche Marine abdecken,", wie die Kieler Nachrichten den Deutschen Marinebund zitierten - was nichts anderes bedeuten kann, als daß die zahlreichen Ausstellungsstücke, die sich auf die Zeit vor Gründung der Bundeswehr beziehen, in Zukunft zurückgedrängt werden oder ganz verschwinden. Um nähere Auskünfte gebeten, verweigerte sich der Vizepräsident des Deutschen Marinebundes (DMB), Peter Mattsson. Der Verzicht auf jede Tradition würde durchaus in der offiziellen Linie der Bundeswehr liegen, hat doch das Bundesverteidigungsministerium immer wieder darauf hingewiesen, die Bundeswehr habe bereits in ausreichendem Umfang eine eigene Tradition gebildet, so daß sie weitergehende nicht benötige.

Wenn man sich das ungewöhnliche Verhalten des DMB dem einst den deutschen Gefallenen gewidmeten Ehrenmal gegenüber in Erinnerung ruft, muß das Schweigen des Vizepräsidenten Anlaß zu Bedenken geben. Im vergangenen Jahr überließ der Marinebund das Ehrenmal einem Konzertveranstalter, der auf dem Dach der Gedenkhalle die Oper  "Nabucco" von Giuseppe Verdi aufführen ließ (JF 33/07). Diese Umwandlung des Ehrenmals in eine Vergnügungsstätte begründete der DMB damit, er brauche Geld. Später war er denn auch sehr zufrieden mit dem Ergebnis, konnten doch die Kieler Nachrichten berichten, daß das Publikum "kaum noch zu bremsen" war: "Es wird mitgesungen, mitgepfiffen und  - zumindest bei Da Capo - mitgeschunkelt."

Nachdem auf diese Weise erreicht worden war, das Ehrenmal "attraktiver" zu machen, wie es der Präsident des DMB, Karl Heid, angekündigt hatte, will nun der Historiker des Deutschen Marinebundes, Jann Markus Witt, das Ehrenmal "weiter entstauben". Ob dazu auch, wie im Vorjahr auf einer Veranstaltung angekündigt, die Dokumentierung angeblicher Kriegsverbrechen gehört, die deutsche Marinesoldaten im Laufe der Geschichte begangen haben, etwa beim Boxer-Aufstand und in den Kolonien, geht aus den bisherigen spärlichen Äußerungen des Marinebundes nicht hervor.

Der Präsident der Industrie-und Handelskammer zu Kiel, Hans Heinrich Driftmann, unterstützt die Säuberung der Historischen Halle von Exponaten der Reichs- und Kriegsmarine und überreichte
dem DMB als Dauerleihgabe ein Ölgemälde der Fregatte „Hamburg“, die zu den modernsten Einheiten der Deutschen Marine gehört.

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