© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/08 14. März 2008

Arte-Zweiteiler "Alltag im Vatikan": Man macht diese Arbeit, weil man daran glaubt
Geheimes Leben in Rom
Ronald Gläser

Am 16. März wird ein brutaler Auftragskiller versuchen, den Papst zu ermorden (RTL, 20.15 Uhr). Typischer RTL-Unterhaltungsstoff mit Heiner Lauterbach in der Hauptrolle des Bösewichtes Rami Hamdan, den zwei Sicherheitsleute des Papstes aufhalten sollen. 

Das wahre Leben der Vatikan-Mitarbeiter ist weniger spektakulär. Es wird an den beiden darauffolgenden Tagen in der Dokumentation "Alltag im Vatikan" auf Arte (17. und 18. März) gezeigt.

Zu sehen ist relativ wenig vom Papst, dafür um so mehr von den Statisten und Leuten mit den Nebenrollen. Zum Beispiel die Feuerwehrleute, die immer nur zu Übungszwecken ausrücken, weil es seit fast einhundert Jahren in der Città del Vaticano nicht mehr gebrannt hat.

Oder die Restaurateure: Gabriele Matiachi steht auf einem Gerüst oben im Petersdom und bessert das jahrhundertealte Mosaik aus. Mit Gips werden von ihm und seiner Kollegin kleine Löcher gefüllt. Und wenn ein Steinchen fehlt, dann ersetzt er es.

Zu diesem Zweck steht ein gewaltiges Lager zur Verfügung, das Steine in allen möglichen Farbtönen und Größen beinhaltet - alleine 164 Rot-Töne. Niemand muß sich also Sorgen um die Kunstwerke Michelangelos machen. Angeblich ist für die nächsten 500 Jahre vorgesorgt.

Die Kamera begleitet auch die Gärtner, die die Pinien stutzen oder die Blumen pflegen. Zwei LKW-Fahrer aus den Niederlanden werden gezeigt, die Blumen im Wert von 60.000 Euro durch halb Europa transportiert haben, um dieses Geschenk für die vatikanischen Gärten zu Ostern abzuliefern. Die Holländer sind ganz aufgeregt. Wann beliefern sie schon einen so prominenten Kunden? Sie knipsen viel mit der Digitalkamera.

Trotzdem liefern sie pünktlich. Überhaupt klappt hier alles. Es wirkt also wenig italienisch, eher wie ein Schweizer Uhrwerk - so wie die Schweizer Garde, die für die Sicherheit des Papstes zuständig ist.

Im Thriller "Das Papst-Attentat" ahnen die Sicherheitsleute rund um den Santa Sede, den Heiligen Stuhl, daß es einen Anschlag geben wird. Nach einer alten Prophezeiung soll sich an einem bestimmten Tag im September ein Anschlag auf das Oberhaupt der katholischen Kirche ereignen. Und dafür gibt es nun erste Anzeichen.

Die Sicherheitsleute Andrea Conti und Paolo Naldini wollen zusammen mit BKA-Leuten das Attentat verhindern, das dann aber in Köln stattzufinden droht - nicht in Rom. Schließlich handelt es sich um eine RTL-Produktion. Es kommt zum Showdown.

Das wahre Leben der Vatikan-Sicherheitsleute sieht so aus: Sie planen jeden Schritt des Heiligen Vaters im voraus - zum Beispiel seine Sommerreise ins Castel Gandolfo. Sie begleiten ihn auf dem Weg über den Petersplatz, wenn die Menge zur Ostermesse zusammengeströmt ist. Aber sie sind auch da am Werk, wo wir sie nicht sehen - unterirdisch zum Beispiel.

"Alltag im Vatikan" zeigt viele interessante Details, so wie der Zuschauer das von einer Reportage erwartet. Er kann einem Kardinal dabei zusehen, wie er die täglichen Bittbriefe öffnet. "Es ist jedesmal ein Drama", sagt der katholische Würdenträger, der gerne mehr Leuten helfen möchte, als er kann.

Auch der Hausmeister vom Petersdom fehlt nicht, der jeden Tag einmal die Kuppel zu Fuß hinaufgeht. (Touristen nehmen meist den kostenpflichtigen Fahrstuhl.) Manchmal muß der Mann auch Liebespaare aus der wichtigsten Kirche der Christenheit verscheuchen, die dort eine Nacht in "weihevoller Atmosphäre" verbringen möchten.

Es sind kleine Anekdoten. Der erste Teil spielt rund um das Osterfest, der zweite handelt vom Weihnachtsfest. Schon das zeigt, daß Christel Fromm und Cristina Trebbi lange an dieser Dokumentation gearbeitet haben.

Der Film verspricht, das "geheime Leben" hinter der "glanzvollen Fassade" zeigen zu wollen. Diesem Anspruch wird er nur bedingt gerecht. Wer nach dieser prahlerischen Ankündigung einen Paparazzi-haften Einblick in eine Welt voller Intrigen und Intimitäten erwartet, der wird enttäuscht.

Zum Glück ist diese Reportage anders. Das "geheime Leben" im Vatikan entpuppt sich als unspektakulär - manchmal sogar profan.

Andererseits ist es keine Arbeit wie jede andere auch. Pars pro toto sei einer der Personenschützer zitiert, der sagt, wie er seine Arbeit im Vatikan sieht: "Eigentlich handelt es sich hier nicht um einen Job, den man macht, um Geld zu verdienen. Hier geht es um mehr. Ich glaube, es ist eine Berufung. Man macht diese Arbeit, weil man daran glaubt. Weil man spürt, daß man Teil eines Projektes von Gott ist."

Foto: Keine Arbeit wie jede andere: Feuerwehr der Città del Vaticano

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