© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/08 14. März 2008

Frisch gepresst

Masuren. Die Landeskunde und ‑geschichte Ostpreußens kann sich großer staatlicher Förderung nicht erfreuen. Das Geld fließt stattdessen in megalomane Projekte, die üppige geschichtspolitische Dividende versprechen. "Wegen Auschwitz politisch unerwünscht" sei die "öffentliche Erinnerung" an die "entrissenen altpreußisch-ostpreußischen Landesteile". Ständig stehe die Beschäftigung mit dem deutschen Osten "unter dem Verdacht des 'Aufrechnens' oder gar des Irredentismus". Klaus R. Grinda, der dieses "Gesetz, unter dem er angetreten", seinem Werk über "Grendashoff, Kreis Oletzko und andere masurische Güter" (Zur jüngeren Geschichte. Wirtschaft und Genealogie in einer deutschen Grenzregion. Selbstverlag, Göttingen 2008, 438 Seiten, Abbildungen, 25 Euro) bereits 2005 als Skript veröffentlichten Werk voranstellt, hat sich trotzdem nicht abschrecken lassen. Wie Klaus Schulz-Sandhof, der aus der entgegengesetzten Ecke Ostpreußens eine Mikrostudie über das samländische Rudau vorlegte (JF 36/07), setzt hier wieder ein "Laienhistoriker" Maßstäbe für die Zunft. Gestützt auf die Archivalien des Geheimen Staatsarchivs in Berlin-Dahlem, auf Gemeindelexika, Güter-Adreßbücher und Kopulationsregister, gelingt Grinda eine meisterhafte Verschränkung von Orts- und Regionalhistorie, wie man sie aufgrund der großen Quellenverluste heute kaum mehr erwarten durfte. So wird die Winzigkeit von Grendashoff zum Spiegel deutscher Geschichte im östlichen Masuren.   

 

Heidelberg. Genaugenommen ist die 1348 gegründete Alma mater in Prag ja die älteste deutsche Universität, an der bis 1945 deutschsprachige Vorlesungen stattfanden. Aber in der westdeutschen Wahrnehmung, aus der vor 1989 nach Königsberg und Breslau schon Rostock, Greifswald, Halle und Jena als deutsche Hochschulen zu verschwinden drohten, nahm und nimmt das 1386 gegründete Heidelberg diesen Rang ein. Andreas Cser mußte also Meilenstiefel anziehen, um 550 Jahre Universitätsgeschichte zu durcheilen, die er zudem mit Stadt- und Regionalhistorie verklammerte (Kleine Geschichte der Stadt und Universität Heidelberg, G. Braun Buchverlag, Leinfelden-Echterdingen 2008, gebunden, 384 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro). Das ist ihm, mit Konzentration auf das 19. und 20. Jahrhundert, in geradezu vorbildlicher Weise gelungen. Natürlich bieten die Kapitel zur Weimarer und zur Zeit des Nationalsozialismus wieder viele der üblichen Klischees, und wie zuvor muß er es leider bei bloßer Namensnennung, etwa Max Webers oder Hans von Schuberts, bewenden lassen. Aber dies ist vielleicht auch verlegerischen Vorgaben geschuldet. Das Gebotene reicht daher allemal, um einem breiteren Publikum in Baden und darüber hinaus Appetit auf Geschichte zu machen.

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